Bei Firmenübernahmen treffen zwei verschiedene Corporate-Social-Responsibility-Ansätze aufeinander. Gelingt das Kunststück der Verbindung, lässt sich dadurch Mehrwert schaffen
VON Friederike Krieger Vor der Zentrale des Naturkosmetikherstellers The Body Shop im britischen Littlehampton spielten sich am 26. Juni dieses Jahres ungewöhnliche Szenen ab. Naturschützer hatten sich vor dem Gebäude versammelt und riefen zum Boykott der Body-Shop-Produkte auf.
Dabei wähnten sich Naturaktivisten und Konzern noch vor Kurzem auf der gleichen Seite. Der Body Shop lehnt nicht nur Tierversuche im eigenen Unternehmen ab, sondern setzt sich generell für das Verbot von Tierversuchen bei der Kosmetikerprobung ein. Den Unmut der Naturschützer zog die Marke erst auf sich, als der Kosmetikkonzern L’Oréal das Unternehmen Anfang April dieses Jahres kaufte. Dem eher für seine ausgefeilten Chemiecocktails bekannten Konzern trauen sie in Sachen Tierschutz nicht über den Weg. „Da die Gewinne des Body Shop jetzt in den Gemeinschaftstopf fließen, befürchten wir, dass dieses Geld zur Erforschung und Entwicklung neuer Produkte und Bestandteile beitragen wird, die mit dem Test an Tieren verbunden sind“, heißt es bei Naturewatch. Obwohl sowohl Body Shop als auch L’Oréal die Vorwürfe zurückwiesen, hat sich Naturewatch bis heute nicht vom Gegenteil überzeugen lassen.
„L’Oréal hat nicht antizipiert, dass das CSR-Engagement vom Body Shop einen so großen Wert darstellt“, erklärt Norbert Taubken von der Unternehmensberatung CSR Consult. Die Reputation einer Firma macht nach seiner Schätzung 70 bis 90 Prozent ihres Wertes aus. Corporate Social Responsibility sei der theoretische Überbau für diese Reputation, denn die Idee verlange, dass ein nach außen propagierter Wertekodex im Unternehmen auch wirklich gelebt wird.
„Bei Übernahmen treffen zwei verschiedenen Unternehmenskulturen aufeinander“, sagt er. Früher hätten sich die Unternehmen nicht sonderlich darum gekümmert und Übernahmen vor allem deswegen getätigt, weil sie sich Synergieeffekte versprachen. „Dass dieses erwünschte Ergebnis nicht eingetreten ist, hat häufig damit zu tun gehabt, dass vergessen worden ist, die Unternehmenskulturen zu verbinden“, sagt Berater Taubken.
Diese Verbindung versucht man derzeit bei der HypoVereinsbank (HVB), die seit Oktober vergangenen Jahres zur italienischen Bankengruppe Unicredit gehört. Beide Banken betreiben CSR und haben in den einschlägigen Ratings gut abgeschnitten. Die HVB beschäftigt sich vor allem mit den ökologischen und sozialen Aspekten des Bankgeschäfts. Die Bank vergibt beispielsweise nur Kredite an Unternehmen, die bestimmte Umwelt- und Sozialstandards einhalten. Der Ansatz der Unicredit zielt darauf ab, das lokale Umfeld einzubinden. So gibt es bei Unicredit gesellschaftliche Beiräte, die auf Probleme im lokalen Umfeld von Niederlassungen aufmerksam machen. Gemeinsam mit der Bank sollen diese gelöst werden. „Jede Bank ist auf einem anderen Themengebiet besser, sodass wir gut voneinander lernen können“, sagt Stefan Löbbert, Leiter des Corporate-Social-Responsibility-Managements bei der HVB. Bindeglied zwischen den Unternehmenskulturen der beiden Banken soll die Integrity Charter der Unicredit werden. Dieser Kodex fordert von allen Mitarbeitern ein sauberes Geschäftsgebaren. Damit er nicht bloß ein Stück Papier bleibt, fand am 20. September ein „Integrity Charter Day“ statt, an dem sich die HVB-Mitarbeiter in Workshops mit der neuen Hausordnung vertraut machen konnten.
Um ein CSR-Konzept auf ein anderes Unternehmen übertragen zu können, muss es eine gemeinsame Basis geben. Der deutsche Generikahersteller Betapharm meint, eine „verwandte Seele“ gefunden zu haben: den indischen Arzneimittelproduzenten Dr. Reddy’s, der das Unternehmen im März diesen Jahres erwarb. Bei der Kaufentscheidung hätte auch das CSR-Engagement von Betapharm eine Rolle gespielt, sagt Geschäftsführer Wolfgang Niedermaier: „Dadurch haben wir es geschafft, uns in einem Markt, in dem man sich anderweitig nicht differenzieren kann, als bevorzugter Partner hervorzutun.“ Betapharm setzt sich für eine ganzheitliche Patientenversorgung ein. Das Unternehmen unterstützt beispielsweise Initiativen, die sich um die Nachsorge bei chronisch kranken Patienten kümmern.
Dr. Reddy’s will die Lebensbedingungen der Bevölkerung allgemein verbessern. So fördert der Konzern die Aus- und Weiterbildung junger Menschen in Indien und setzt sich für bessere Wohnbedingungen ein. Doch der große Konzern mit 8000 Mitarbeitern ist auch bereit, vom kleinen Mittelständler zu lernen. Dr. Reddy’s lud Vertreter des Beta Instituts, in dem Betapharm seine CSR-Aktivitäten bündelt, zu einem Workshop nach Indien ein. Die neuen Besitzer seien vor allem an den Case-Management-Weiterbildungen interessiert, die Betapharm entwickelt hat, sagt Niedermaier. Die Schulungen sollen Berufstätige im Gesundheitswesen in die Lage versetzen, ihre Patienten auch in sozialen Fragen zu beraten. Auch Betacare, ein Informationssystem zu sozialmedizinischen Fragen, findet man bei Dr. Reddy’s nachahmenswert.
Bei Unternehmen, die sich so stark unterscheiden wie die Kosmetikfirmen L’Oréal und Body Shop, schätzt Taubken die Chancen für eine erfolgreiche Übertragung eines CSR-Ansatzes als gering ein. Er empfiehlt eine Radikalkur. „Entweder muss man das CSR-Profil des Übernahmekandidaten komplett ad acta legen oder schon im Vorfeld betonen, dass das Unternehmen eine autonome Organisation bleibt“, erklärt er. L’Oréal habe das nicht frühzeitig und offensiv genug getan. Im Nachhinein seien die Beteuerungen deshalb nicht mehr glaubwürdig.
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Ein großer Schwarm Flamingos hat sich auf dem See des Bogoria-Nationalparks im afrikanischen Kenia niedergelassen. Flamingos fressen gern Krebse. Die darin enthaltenen Karotinoide geben ihrem Gefieder eine rötliche Färbung
Quelle: Financial Times Deutschland
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