Verärgerung über Weggang von Experten nach Kauf
Von Herbert FrommE, Köln Der Gerling-Konzern verliert einen wichtigen Großkunden. Nach Informationen der FTD aus Versicherungskreisen will die Deutsche Bahn den Kölner Versicherer, der gerade vom Konkurrenten Talanx in Hannover übernommen wurde, nicht mehr als führende Gesellschaft auf ihren Sachversicherungspolicen berücksichtigen. Statt dessen soll Zurich Financial Services (ZFS) das Risiko im Jahr 2007 führend versichern.
Die Bahn ist offensichtlich verärgert über die robuste Art und Weise, wie Talanx die Fusion seiner HDI-Versicherer mit den Gerling-Gesellschaften betreibt. Vor allem die zahlreichen Abgänge von Gerling-Managern und Experten beunruhigen die Bahn und andere Kunden. Hans-Jürgen Allerdissen, Geschäftsführer des bahneigenen Maklers Deutsche Verkehrs-Assekuranz in Bad Homburg, wollte den Weggang von Gerling und den Zuschlag für ZFS nicht bestätigen. Er sagte aber: „Uns kommen die Ansprechpartner bei Gerling abhanden, und das hat Auswirkungen auf das Geschäft.“ Ein Gerling-Sprecher erklärte, das Unternehmen verhandele noch mit der Bahn. Er bezifferte das betroffene Prämienvolumen mit 6 Mio. Euro, im Markt war von 10 Mio. Euro die Rede.
Der Weggang des langjährigen Gerling-Kunden ist ein schwerer Schlag für Talanx. Der Konzern hatte die Gerling-Versicherer, deren Obergesellschaft nach ehrgeizigen Expansionsversuchen in den USA ins Trudeln geraten war, im Mai 2006 übernommen. Bis 2007 sollen alle Kölner Gerling- Versicherer und ihre Hannoveraner Pendants fusioniert sein. Die Industrieversicherung wird komplett in Hannover angesiedelt, dafür zieht Talanx den größten Teil der Lebensversicherung in Köln zusammen. Zahlreiche Vorstände und Experten haben gekündigt, unter anderem geht ein komplettes Haftpflichtteam zum Hauptkonkurrenten Allianz Global.
Der Industrieversicherungsmarkt ist hart umkämpft, vor allem die Führungsmandate. Großrisiken wie das der Bahn werden fast immer von Konsortien aus mehreren Gesellschaften abgedeckt. Der führende Versicherer spielt die zentrale Rolle bei der Risikobeurteilung und dem Aushandeln der Prämienhöhe. Gerling war bei den Kunden vor allem wegen der Fachkenntnisse seiner Mitarbeiter beliebt. HDI werde bei der Bahn zwar im Konsortium bleiben, aber das Geschäft nicht führen, hieß es.
Andere Großkunden sollen noch abwarten. „Auf keinen Fall wird die fusionierte HDI-Gerling-Gruppe so viel Geschäft bekommen wie die beiden einzelnen Gesellschaften vorher“, sagte ein Kunde. „In Hannover macht man sich Hoffnungen, dass nach der Fusion eins und eins mehr als zwei ergeben. Eins und eins wird hier höchstens zu 1,2.“
Quelle: Financial Times Deutschland
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