Das Consulter-Leben hat in den vergangenen Jahren viel von seiner Attraktivität verloren. Mit flexibleren Arbeitsmodellen will die Branche jetzt signali sieren, dass Privatleben und Familie in dem Beruf nicht auf der Strecke bleiben dsfgsd fs
VON Friederike Krieger Auf der Homepage der Unternehmensberatung Capgemini schwärmt Consultant Tom potenziellen neuen Kollegen von seinem Beruf vor: Er lobt die angenehme Arbeitsatmosphäre und beschreibt sein aktuelles, sehr interessantes Projekt. Beim Punkt „Gestaltung meiner Freizeit“ muss Tom allerdings passen. „Ehrlich gesagt, ist die Woche von Montag bis Freitag hauptsächlich durch die Arbeit vor Ort beim Kunden in einer anderen Stadt geprägt.“ Er erzählt von langen, arbeitsreichen Tagen im Büro, denen er „ein wenig Freizeit abzuringen“ versucht.
Diesem rastlosen Beraterleben können Hochschulabsolventen immer weniger abgewinnen. Laut einer Studie des Recruiting-Unternehmens Access wollten im Jahr 1994 noch rund 53 Prozent der befragten Wirtschaftswissenschaftler, die gerade ihren ersten Job suchten, in einer Unternehmensberatung arbeiten. 2006 waren es nur 37,3 Prozent. „Die Absolventen haben erkannt, dass in der Branche auch nur mit Wasser gekocht wird“, sagt Axel Keulertz von Access.
Denn bis zum Zusammenbruch der New Economy schien sie über jegliche konjunkturelle Entwicklung erhaben. „Jede Beratung, ob gut oder schlecht, verzeichnete zweistellige Zuwachsraten“, erinnert sich Stephan Scholtissek, Deutschlandchef von Accenture. Seit 2002 gingen den Beratungsunternehmen dann Aufträge verloren, die Umsätze schrumpften, und viele Junior Consultants verloren ihren Job. Das hat viele Berufseinsteiger abgeschreckt.
Inzwischen geht es der Branche wieder besser. Rund 86 Prozent der Beratungsfirmen mit einem Umsatz zwischen 5 und 45 Mio. Eurowollen laut einer Umfrage des Bundesverbands Deutscher Unternehmensberater die Zahl ihrer Mitarbeiter erhöhen.
Dennoch haben auch Branchengrößen wie McKinsey Probleme, qualifizierte Hochschulabsolventen zu gewinnen. Ganz so dramatisch wie 2004, als der Umsatz des Beratungsunternehmens wegen Nachwuchsmangels um 8,5 Prozent schrumpfte, sei die Situation zwar nicht mehr, sagt Nina Wessels, bei McKinsey für die Rekrutierung verantwortlich. Im vergangenen Jahr sei es immerhin gelungen, 200 neue Berater einzustellen und damit die Zielvorgaben zu erfüllen. „Wir suchen aber weiter dringend nach guten Leuten“, sagt Wessels von McKinsey.
McKinsey konkurriert dabei nicht nur mit anderen Unternehmensberatungen um die besten Köpfe, sondern auch mit Unternehmen wie Porsche und BMW – und die stehen bei den Absolventen auf der Liste der Wunschfirmen derzeit ganz oben. Denn im Vergleich zum Beraterleben erscheint die Tätigkeit weniger belastend.
„Die Arbeit ist nicht mehr das Einzige, was zählt. Stattdessen wird die Vereinbarkeit des Berufs mit Familie, Freunden und Hobbys wichtiger“, sagt Sven Breipohl, Personaldirektor bei Roland Berger. Das habe er bei Bewerbergesprächen beobachtet. Simone Franz, Leiterin des Personalmarketings bei Accenture, sieht einen Wertewandel. „Während es früher wichtig war, möglichst elitär zu wirken und die Unternehmensgröße eher zu verstecken, sind den Bewerbern heute Größe und Sicherheit besonders wichtig“, sagt sie.
Berater arbeiten an ihrem Ruf
Die Branche hat darauf reagiert und Zeichen gesetzt: Viele Berater haben inzwischen Programme aufgelegt, die dabei helfen sollen, Beruf und Privatleben besser miteinander zu vereinbaren. So wollen die Consultants potenziellen Bewerbern das Berufsfeld schmackhafter machen. McKinsey beispielsweise versucht derzeit, vor allem Frauen mit speziellen Recruiting-Events, Mentoring-Programmen, betriebseigenen Kindergärten und flexiblen Teilzeitmodellen zu ködern.
Mitarbeiterin Carine beispielsweise berichtet auf den Karriereseiten der Homepage begeistert, wie sie nach ihrem einjährigen „Mutterschafts-Leave“, wie die Babypause im Beraterdeutsch heißt, wieder sanft in den Beruf gestartet ist. Sie nahm McKinseys Angebot in Anspruch und betreute eine interne Studie, statt sofort wieder zu Kunden zu reisen. Der Vorteil: Sie konnte größtenteils vom Büro aus recherchieren und jeden Abend nach Hause gehen.
Auch Accenture versucht, seinen Angestellten mehr Freiraum zu verschaffen. „Während eines Projekts müssen die Berater voll da sein und Spitzenleistungen erbringen, da können wir keine Abstriche machen“, sagt Scholtissek. Wer aber gerade ein besonders stressiges Projekt hat, darf es danach etwas ruhiger angehen lassen.
Auszeiten zur akademischen Weiterbildung sind bei Unternehmensberatungen inzwischen weit verbreitet: etwa, um einen MBA-Abschluss zu machen oder eine Doktorarbeit zu schreiben. Bei McKinsey beispielsweise können die Hochschulabsolventen nach zwei Jahren Projektarbeit entscheiden, ob sie noch einmal in den Hörsaal zurückwollen. „Ihr Gehalt bekommen sie weiter, ebenso behalten sie ihren Dienstwagen“, sagt Wessels von McKinsey. Zusätzlich übernimmt die Beratung bis zu 50 Prozent der anfallenden Studiengebühren.
Auch Scholtissek schätzt das System der nachträglichen beruflichen Fortbildung. Er hält es nicht für notwendig, dass Bewerber sämtliche Titel bereits vorweisen können. „Einen Doktor können die Berufseinsteiger immer noch erwerben“, sagt er. „Angemessenes Sozialverhalten aber können wir den im Schnitt 25 Jahre alten Frauen und Männern nicht mehr nachträglich vermitteln.“ Daran mangele es aber immer mehr Bewerbern.
Bild(er):
Kaffeekenner Sebastian Lafaye erschnuppert das Aroma von frisch gebrühtem Kaffee. Sorte, Anbaugebiet und Art der Röstung beeinflussen den Geschmack und damit die Qualität nachhaltig – Corbis/Janet Jarman
Quelle: Financial Times Deutschland
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