Alles selbst bezahlt

Der Markt für Gesundheitsleistungen, die aus eigener Tasche beglichen werden müssen, wächst ständig. Nun wollen auch Ärzteverbünde von dem lukrativen Trend profitieren

Der Duisburger Gynäkologe Frank Hoffmann hat große Pläne. Er will eine Kette von Arztpraxen aufbauen, in denen Mediziner Selbstzahlerleistungen für Kassenpatienten anbieten. Anfang April hat er gemeinsam mit zehn Kollegen in Duisburg-Walsum eine Pilotpraxis eröffnet.

Ob Hormon-Anti-Aging, Früherkennungstest auf Prostatakrebs, Augendruckmessung oder Tauchfähigkeitsbescheinigung – das Spektrum der sogenannten individuellen Gesundheitsleistungen (IGel) ist breit und die Nachfrage nach solchen medizinischen Zusatzangeboten groß.

Für die Kosten hat der Patient allerdings aus eigener Tasche zu zahlen. Die Krankenkassen kommen für diese Diagnoseverfahren und Therapien nicht auf. Der Arzt sei Heiler und kein Händler, kritisieren die Kassen und haben dabei auch die Verbraucherschützer auf ihrer Seite. „Patienten können nicht einschätzen, welche Leistungen sinnvoll sind und welche nicht“, sagt Klaus Zok vom Wissenschaftlichen Institut der AOK. Nach einer Berechnung des Instituts, die auf einer repräsentativen Umfrage unter 3000 Patienten beruht, haben Mediziner im Jahr 2005 rund 1 Mrd. Euro mit Selbstzahlerleistungen umgesetzt. „Der Markt wächst“, sagt Experte Zok.

Tatsächlich bieten immer mehr niedergelassene Ärzte Selbstzahlerleistungen an. Dabei gibt es einen Trend zu Zusammenschlüssen von Medizinern, wie Lars Bongartz vom Kölner Ärzteberater Frielingsdorf Consult beobachtet hat. Denn für viele IGeL-Angbote bräuchten Ärzte zusätzliche Gerätschaften. „Investitionen lassen sich gemeinsam besser schultern“, sagt Bongartz.

Diesen Trend haben Frank Hoffmann und seine Kollegen aus dem Duisburger Norden erkannt – und wollen ihn nutzen. An dem Praxiskonzept, das Novikon heißt, sind unter anderem Gynäkologen, Orthopäden, Allgemeinmediziner und Internisten beteiligt. Für die Vorarbeiten wie eine Marktanalyse und die Erstellung des Businessplans zahlte jeder Arzt rund 1176 Euro. Die laufenden Kosten für Miete, Personal oder Leasinggebühren liegen monatlich bei 400 Euro pro Mediziner.

Investitionen, die sich nach Hoffmanns Kalkulation lohnen. „Wir werden von Anfang an schwarze Zahlen schreiben“, sagt er. „Ganz vorsichtig gerechnet gehen wir von einem Gewinn von 140 000 Euro im ersten Jahr aus.“ Der Gewinn wird nach einem Schlüssel verteilt, der die von den einzelnen Ärzten erbrachten Selbstzahlerleistungen berücksichtigt.

Die Ärzte behalten ihre Kassenpraxen, in denen sie gemeinsam rund 30 000 Patienten betreuen, und verlagern nur die IGeL-Angebote in das neue Projekt. „Wir haben unsere Angebote auf die Bedürfnisse unserer Patienten abgestimmt“, sagt Gynäkologe Hoffmann. Bei ihrem Angebot an Vorsorgeuntersuchungen richteten sich die Ärzte nach den Ergebnissen einer Marktanalyse. Sie werben für ihre Leistungen mit einem einheitlichen Design in ihren Praxen. „Jeder erschließt sich so einen Markt, der zehnmal größer ist als vorher“, sagt Hoffmann.

Zusätzlich veranstaltet ein Apotheker in den Räumen von Novikon wechselnde Vorträge und Kurse. Bei einem Vortrag über Osteoporose informiert der Referent etwa über die Möglichkeit der Knochendichtemessung. Danach können sich die Teilnehmer einen Termin für die Untersuchung geben lassen.

Hoffmann glaubt, dass das Konzept gut auf andere Ärztegruppen übertragbar ist. Er will seine Idee daher ab dem Sommer im Franchise-Verfahren in Deutschland verkaufen – und hofft darauf, dass seine Kette in einigen Jahren bundesweit vertreten ist.

Bild(er):

Damit die Kasse stimmt, bieten immer mehr Ärzte Leistungen an, die von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht übernommen werden – Getty Images/Stock; FTD-Montage

www.ftd.de/ GESUNDHEITSWIRTSCHAFT

Anja Krüger

Quelle: Financial Times Deutschland

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