Experten raten von Policenpaketen ab · Reisende sollten Bedarf vorab genau prüfen
Vor dem Urlaub überlegen viele Reisende, ob sie einen ausreichenden Versicherungsschutz haben. Mit Rundum-sorglos-Paketen und anderen angeblich günstigen Kombiverträgen lockt die Assekuranz Kunden. Häufig versprechen die Angebote zu viel oder sind schlicht überflüssig. Wirklich unverzichtbar ist die Absicherung für den Krankheitsfall.
Passiert unterwegs etwas, springen häufig Versicherungen ein, die der Reisende ohnehin hat. Das ist zum Beispiel bei der privaten Krankenversicherung der Fall. „Grundsätzlich gilt der Versicherungsschutz in der privaten Krankenversicherung in ganz Europa“, sagte ein Sprecher des Verbands der privaten Krankenversicherung. Dabei beziehen sich die Anbieter nicht auf das politische, sondern das geografische Europa. Der Versicherungsschutz besteht also auch in Staaten wie der Türkei oder Weißrussland. Darüber hinaus sehen die Musterbedingungen der privaten Krankenversicherer vor, dass Kunden bei Reisen unter einem Monat weltweit Versicherungsschutz haben. Manche Anbieter gehen über diesen Zeitraum hinaus.
Die Policen sehen zwar Leistungen im Falle von notwendigen Rücktransporten oder Überführungen vor. Aber viele Verträge haben geringe Höchstgrenzen von 5000 oder 10 000 Euro. Bei außereuropäischen Reisen oder Fahrten in schwer zugängliche Landstriche sind diese Summen häufig nicht ausreichend. Hier sollten Kunden zusätzlich Versicherungsschutz einkaufen.
Gesetzlich Krankenversicherten empfehlen Verbraucherschützer grundsätzlich den Abschluss einer Reisekrankenversicherung. Zwar haben diese Versicherten einen Anspruch auf Behandlung in Ländern, mit denen ein Sozialversicherungsabkommen besteht. Aber die Kassen kommen nur für Leistungen auf, die in dem Gastland üblich sind, für Rücktransporte gar nicht. „Auslandskrankenversicherungen gibt es bereits ab 6 Euro“, sagte Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten.
Rudnik rät Verbrauchern vom Abschluss sogenannter Rundum-sorglos-Policen ab. „Diese Policen enthalten möglicherweise Bestandteile, die der Kunde bereits hat und deshalb nicht benötigt“, sagte er. Die meisten privaten Haftpflichtversicherungen und Unfallversicherungen kommen weltweit für Schäden auf. „Häufig sind bei Paketlösungen die Deckungssummen zu gering“, sagte Rudnik. Bei der privaten Haftpflicht sollte die Versicherungssumme bei mindestens 3 Mio. Euro liegen. Bei der Unfallversicherung ist die Grundsumme und weniger die Entschädigung bei Vollinvalidität entscheidend. „Die meisten Unfälle führen nicht zur Vollinvalidität“, sagte Rudnik. Die Grundsumme sollte bei mindestens 200 000 Euro liegen.
Zusätze wie eine Krankentagegeldversicherung verteuern die Police unnötig. Reisende mit besonderen Hobbys wie Flugsport oder Extrembergsteigen sollten prüfen, ob der Schutz hierfür gilt.
Auch die Hausratversicherung kommt für einige Schäden auf Reisen auf. Entwendet ein Einbrecher aus dem verschlossenen Hotelzimmer Wertgegenstände oder wird der Urlauber beraubt, zahlt sie. Für alle Schadenfälle gilt: Der Geschädigte muss sich an die Polizei vor Ort wenden und den Versicherer sofort über den Schaden informieren.
Spezielle Reiseversicherungen sollten Kunden mit Vorsicht betrachten. Den Abschluss einer Reisegepäckversicherung hält Rudnik für überflüssig. „Wenn man sich so verhält, wie die Versicherer es verlangen, passiert nichts“, sagte er. Kunden dürfen ihr Gepäck praktisch nicht aus den Augen lassen. Andernfalls verweigern die Anbieter wegen grober Fahrlässigkeit die Schadenregulierung. Zudem ist die Versicherung wertvoller Dinge häufig ausgeschlossen und der Leistungsumfang auf geringem Niveau limitiert.
Ob der Abschluss einer Reiserücktrittversicherung sinnvoll ist, hängt vom Wert der Reise ab. Verträge kosten immerhin um die 40 oder 50 Euro. Für Ältere oder Familien mit kleineren Kindern kann der Kauf eine Option sein.
Wer im Urlaub einen Mietwagen leiht, sollte vorher prüfen, ob seine Kfz-Haftpflichtversicherung auch in diesem Fall gilt. Andernfalls sollte den Abschluss einer Zusatzhaftpflichtversicherung erwogen werden, die es etwa bei Automobilklubs ab 20 Euro gibt. Beim Leihen eines Mietwagens im Ausland müssen Kunden zwar eine Haftpflichtversicherung abschließen. Aber die Deckungssummen liegen oft unter den in Deutschland üblichen. Wer von Deutschland aus einen Mietwagen bucht, hat meistens die hierzulande üblichen Deckungssummen.
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Der Koffer ist gepackt: Viele Reisende schließen vor dem Urlaub überflüssige Versicherungen ab. Unverzichtbar ist jedoch die Absicherung im Krankheitsfall – Getty Images/Stockdisc; FTD-Grafik/Andreas Mohrmann; FTD-Montage
Anja Krüger
Quelle: Financial Times Deutschland
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