Düsseldorf ist zu einem wichtigen Energiestandort aufgestiegen. Die Branche lobt die Internationalität der Stadt – für einen Großkonzern wie Eon ein entscheidender Vorteil
VON Patrick Hagen Die Entscheidung für Düsseldorf fiel im August: Der Energieriese Eon bündelt sein Energiehandelsgeschäft künftig am Rhein. Ab 2008 sollen in der neuen Tochtergesellschaft mehr als 500 Mitarbeiter den Handel mit CO2-Zertifikaten, Gas, Kohle, Öl und Strom abwickeln. Bisher arbeiteten nur etwa 450 der 70 000 Eon-Mitarbeiter in Düsseldorf. Die Eon-Händler sitzen verstreut in Essen, München, im britischen Coventry und im schwedischen Malmö. „Damit verdoppeln wir die Mitarbeiterzahl in Düsseldorf“, sagt Eon-Sprecher Christian Drepper. Außerdem gründet Eon in Düsseldorf eine neue Tochter, in der das Unternehmen das Geschäft mit erneuerbaren Energien und Klimaschutzaktivitäten zusammenfasst.
Düsseldorf hat sich damit gegen Genf, London, Brüssel und Frankfurt durchgesetzt. Mit der Entscheidung wird die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt auch operativer Standort für das Unternehmen und ist nicht mehr nur Sitz der Konzernzentrale. Eon ist nicht das einzige Unternehmen der Energiebranche, das es in die rheinische Metropole zieht. Auch die Ableger internationaler Firmen machen Düsseldorf zu einem wichtigen Energiestandort. Der norwegische Staatskonzern Statkraft hat den Handel für ganz Europa hier zusammengefasst, die britische Centrica und die italienische Eni haben ebenfalls Niederlassungen.
„Düsseldorf ist für neue Wettbewerber im Strom- und Gasmarkt ein präferierter Standort“, sagt Wolfgang Haag, der sich bei der Beratungsgesellschaft A.T. Kearney mit Energiefragen beschäftigt. Viele internationale Energiefirmen, die sich in Düsseldorf niederlassen, sind hier vor allem mit ihrem Energiehandel aktiv. Handel und Vertrieb von Strom sieht auch Haag als Wachstumsmärkte. „Neue Arbeitsplätze in der Energiewirtschaft entstehen vor allem im Vertrieb und Handel von Energie, insbesondere durch neue Anbieter, bei Dienstleistern und im Bereich erneuerbare Energien“, sagt er. In beiden Bereichen sei Düsseldorf gut positioniert.
Ungefähr 3500 der 460 000 Arbeitsplätze in Düsseldorf lassen sich nach Angaben des Wirtschaftsdezernats der Energiebranche zurechnen – das ist weniger als ein Prozent. „Nach der Zahl der Arbeitsplätze ist die Energiebranche nicht die dominierende Industrie in Düsseldorf“, sagt Analyst Haag. Wirtschaftsdezernent Wilfried Kruse misst der Branche aber dennoch eine wichtige Rolle zu. „Düsseldorf ist ein begehrter Sitz großer Energieunternehmen, sei es als Konzernzentrale wie bei Eon oder als Niederlassung weiterer namhafter Unternehmen der Branche“, sagt Kruse. Außerdem sei Düsseldorf in vielen verschiedenen Energiesegmenten stark vertreten.
Die gute Infrastruktur mit dem drittgrößten deutschen Flughafen mache Düsseldorf für international ausgerichtete Unternehmen interessant, sagt Udo Siepmann von der Düsseldorfer Industrie- und Handelskammer. Dazu komme die große Dichte von Unternehmen und damit potenziellen Kunden.
Die Internationalität hat auch für Eon den Ausschlag gegeben. „Das erleichtert es, neue Mitarbeiter zu finden“, sagt Eon-Sprecher Drepper. „Unsere Belegschaft ist sehr international.“ Der Energiestandort Düsseldorf wird wirtschaftlich dominiert von dem Energieriesen Eon. Im vergangenen Jahr erzielte der Konzern einen Umsatz von 67,8 Mrd. Euro. Dahinter folgen mit weitem Abstand die Stadtwerke Düsseldorf mit einem Umsatz von 1,3 Mrd. Euro in 2006.
Die Stadtwerke produzieren ungefähr 40 Prozent ihres verkauften Stroms selbst. An der Lausward im Düsseldorfer Hafen betreibt das Unternehmen ein Gas- und Kohlekraftwerk. Umstritten sind die Pläne des Unternehmens, einen neuen Steinkohleblock zu bauen. Einen kleineren Teil des Stroms erzeugen die Stadtwerke mit der Müllverbrennungsanlage in Flingern. In Garath soll bis Ende 2007 ein Biomasse-Heizkraftwerk entstehen.
Mehrheitsaktionär der Stadtwerke ist der deutsch-französische Energiekonzern EnBW. Dem Karlsruher Unternehmen gehören 54,95 Prozent des Unternehmens, 25,05 Prozent liegen bei der Stadt, 20 Prozent gehören der GEW. Für Marktführer Eon sind solche Beteiligungen kartellrechtlich nicht mehr möglich. Im Juni verbot ein Gericht dem Konzern, sich an den Stadtwerken Eschwege zu beteiligen. Eon und RWE decken zusammen mehr als 60 Prozent des Strombedarfs in Deutschland.
Im Kampf um die Düsseldorfer Privathaushalte gibt es seit Anfang September einen neuen Konkurrenten für die Stadtwerke. Lila-gelbe Plakate preisen in der ganzen Stadt „lekker Strom“ von Nuon an. Die in Berlin ansässige Deutschlandtochter des niederländischen Energiekonzerns bietet in Düsseldorf Strom und Gas an und will mit niedrigen Preisen Kunden gewinnen.
„Auch bei den erneuerbaren Energien sind wir gut vertreten“, sagt Dezernent Kruse. Die neue Eon-Tochter für erneuerbare Energien will bis 2010 weltweit rund 3 Mrd. Euro in Windenergie, Biogas und Wasserkraft investieren. Außerdem ist sie für den Kauf und Verkauf von Emissionszertifikaten für die Kraftwerke verantwortlich. Stadtwerke-Aktionär EnBW hat gemeinsam mit der Fachhochschule Düsseldorf das Zentrum für innovative Energiesysteme gegründet. Seit 2005 forschen, lehren und beraten Wissenschaftler zu den Auswirkungen des Klimawandels oder der öffentlichen Akzeptanz von bestimmten Energiesystemen. Das Zentrum finanziert sich aus dem von EnBW gestifteten Kapital und durch Auftragsforschung.
Zitat:
“ „Unsere Belegschaft ist sehr international“ “ – Christian Drepper, Eon-Sprecher –
Bild(er):
Sicherungskästen in einem Düsseldorfer Industriebetrieb. Im Raum Düsseldorf findet sich die größte Ansammlung von Kraftwerken in Europa. Außerdem sind hier viele Energieverteiler, -berater und -händler ansässig – Das Fotoarchiv/Philipp Hympendahl
Quelle: Financial Times Deutschland
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