Der Zweitmarkt für Schiffsbeteiligungen boomt, viele Anleger wollen verkaufen. Experten rechnen mit sinkenden Preisen
VON Friederike Krieger Der Entschluss stand fest. Privatanleger Norbert Domansky wollte seine Schiffsbeteiligung verkaufen. Aber an wen? Das Internet lieferte ihm nur einen unübersichtlichen Wust an Informationen. „Es war enorm verwirrend, jeder Schiffsfondsanbieter scheint seinen eigenen Zweitmarkt zu betreiben“, sagt Domansky. Am Ende beauftragte er einen Vermittler damit, die verschiedenen Angebote für ihn zu vergleichen.
Derzeit buhlen viele Käufer um die Gunst der Anleger, die sich vor Ende der regulären Laufzeit von ihren Schiffsfondsanteilen trennen möchten. Einige Emissionshäuser haben für ihre Kunden Handelsplattformen im Internet geschaffen, auf denen sie Fondsanteile an kaufwillige Interessenten vermitteln. Daneben gibt es noch Initiatoren-übergreifende Handelsplätze wie die Fondsbörse Deutschland oder die Deutsche Zweitmarkt AG.
„Der Zweitmarkt gewinnt an Fahrt“, sagt Matthias Brinckman, Geschäftsführer von Maritim Invest. Das Fondshaus ist nach eigenen Angaben der größte institutionelle Aufkäufer von gebrauchten Schiffsbeteiligungen. Auch Anleger Domansky hat seinen Anteil an das Unternehmen verkauft. Es fasst die Anteile in Zweitmarktfonds zusammen. „Bei den Anlegern schlummert noch ein Riesenpotenzial“, sagt Brinckman. Sie haben Schiffsfonds im Gesamtwert von 25 Mrd. Euro im Depot. Davon hat seit der Entstehung des Zweitmarkts im Jahre 2004 nur ein Bruchteil den Besitzer gewechselt. 2007 betrug das Handelsvolumen laut dem Branchendienst Loipfinger 329,6 Mio.Euro. „Die meisten Anleger nehmen jetzt erst wahr, dass es einen Zweitmarkt gibt“, erklärt Brinckman. Er rechnet damit, dass viele von ihnen ihre Beteiligungen verkaufen möchten, da sie sich die Fonds früher oft nur wegen der Steuerersparnis angeschafft hätten.
Auch für den Zahnarzt Wolfgang Sattler war dies der Grund, sich mit Schiffsfonds einzudecken. Jedes Jahr kaufte er ein bis zwei Schiffsbeteiligungen, da er den Betrag auf einen Rutsch abschreiben konnte. Seit dem Jahr 1999 ist dies nicht mehr möglich. Für Sattler haben die Beteiligungen damit ausgedient. „Ich habe die Fondsanteile nie als Anlage betrachtet“, sagt er. Da er für den Ausbau seiner Praxis Geld benötigte, beschloss er, das „tote Kapital“ zu nutzen. Er hoffte auf ansehnliche Kurse.
Die hohen Ausschüttungen, die Schiffsfonds in den vergangenen Jahren gebracht haben, ließen die Preise für die Second-Hand-Beteiligungen in die Höhe schnellen. Die Aufkäufer bezahlten bis zu 200 Prozent des Nominalkapitals. Alex Gadeberg, Vorstandsmitglied der Fondsbörse Deutschland glaubt aber nicht, dass dies so bleibt. „Der schwache Dollar wird die Ausschüttungen in diesem und im nächsten Jahr belasten“, sagt er. Denn die Auszahlungen erfolgen in Euro, die Schiffe erwirtschaften ihre Einnahmen aber in Dollar. Gleichzeitig steigen die Betriebskosten der Schiffe. Damit gerät die Rendite der Fonds unter Druck, ebenso wie ihr Wert auf dem Zweitmarkt.
Die Anleger auf dem Zweitmarkt haben noch mit einigen Handelshemmnissen zu kämpfen. Brinckman beobachtet, dass einige Emissionshäuser bei ihren neu aufgelegten Fonds einen späteren Verkauf an institutionelle Anleger untersagen. „Die Initiatoren befürchten, dass institutionelle Investoren die Schiffsgesellschaften dominieren könnten“, erklärt er. Damit schnitten sie sich ins eigene Fleisch. Mit dem Verlust der Verkaufsoption würden die Fonds an Flexibilität und damit an Attraktivität für den Kunden verlieren.
Die Abneigung der Emissionshäuser gegen den Zweitmarkt hat auch Zahnarzt Sattler zu spüren bekommen. Die Initiatoren seiner Beteiligungen hatte er als erstes angesprochen, nachdem ihm die Idee gekommen war, zu verkaufen. „Die haben das alles sehr negativ dargestellt und versucht, mir den Verkauf auszureden“, berichtet er. Sattler hat sich aber nicht entmutigen lassen. Hilfe fand er schließlich bei der Deutschen Zweitmarkt AG, auf deren Handelsplattform er seine Schiffsbeteiligungen nach und nach versteigerte. Die Mitarbeiter nannten ihm Preise, die er für seine Beteiligungen mindestens verlangen sollte, und halfen ihm bei der Abschätzung der steuerlichen Belastung, die durch den Verkauf auf ihn zukam. „Ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis, zumal ich ziemlich blauäugig an die Sachen herangegangen bin“, sagt Sattler.
Das hätte auch anders laufen können, weiß Gadeberg von der Fondsbörse Deutschland. „Der Zweitmarkt ist für private Anleger teilweise noch sehr intransparent“, sagt er. Die Branche versucht zwar schon mit etlichen Maßnahmen, die Wissensunterschiede zwischen den privaten Verkäufern und den institutionellen Käufern auszugleichen. Viele Plattformen verfügen über Onlinedatenbanken, die Durchschnittspreise für Fondsanteile ausweisen. „Die Besitzer der Schiffsbeteiligungen sind aber häufig schon jenseits der 60 Jahre und gehören damit nicht zu den typischen Internetnutzern“, erklärt Gadeberg. Schwarze Schafe hätten daher leichtes Spiel. Oft hätten Anleger bei der Fondsbörse angerufen, um sich zu erkundigen, ob die aufgelisteten Referenzkurse wirklich korrekt sind, da sie viel weniger für ihre Anteile bekommen haben.
Zitat:
“ „Bei den Anlegern schlummert ein Riesenpotenzial“ “ – Matthias Brinckman, Maritim Invest –
Quelle: Financial Times Deutschland
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