Versicherungsmakler müssen den Kunden aus der Industrie beweisen, dass sie mehr können als Policen sortieren und Sprinklerköpfe zählen
Die Marktverhältnisse zu evaluieren und dem Kunden den besten Anbieter zu empfehlen – das war früher die Dienstleistung des Versicherungsmaklers für die Industrie. Längst sind die Vermittler zu Risikoberatern geworden. Aber damit allein sichern sie nicht ihre Existenzberechtigung. Sie müssen für ihre Kunden größeren Mehrwert schaffen.
In kaum einer anderen Sparte sind die Vermittler für die Anbieter so wichtig wie in der Industrieversicherung. Marktführer unter den Maklerfirmen in Deutschland ist Aon Jauch & Hübener. Weitere Große sind Ecclesia, Funk, Marsh und Willis. Anders als Vertreter sind Makler im Auftrag des Kunden tätig und verpflichtet, unabhängig von der Provision die für ihn beste Lösung zu finden. Ihre Vergütung hängt aber vor allem vom Volumen des vermittelten Geschäfts ab. Großunternehmen arbeiten mit Großmaklern zusammen, auch wenn sie es nicht müssten. Denn die Vermittler wissen, wie sich vergleichbare Konzerne versichern. Sie erhalten meistens ein festes Beraterhonorar und keine Provision.
Das Verhältnis zwischen Maklern und Kunden leidet noch immer unter den Nachbeben des großen Skandals um Weltmarktführer Marsh in den USA. Marsh habe gezielt Versicherern Geschäft zukommen lassen, die umfangreiche Sonderprovisionen zahlten, so der Vorwurf. Auch in Deutschland führte das zu Unruhe. Kunden fürchten Geldflüsse zwischen Versicherern und Maklern hinter ihrem Rücken, denn sie stellen die Unabhängigkeit der Vermittler infrage. Die Branche reagierte mit einer Transparenzoffensive – jedenfalls verbal. Fast jeder Makler behauptet, er würde Kunden ungefragt oder bei Bedarf über die an ihn fließenden Provisionen informieren. „Die ganz großen Kunden bekommen die Auskünfte, die sie haben wollen“, sagt Günter Schlicht, Geschäftsführer des Deutschen Versicherungs-Schutzverbands, der Lobby der versicherungsnehmenden Wirtschaft. „Bei kleineren Unternehmen sieht es aber anders aus.“
Nicht zur Vertrauensbildung beigetragen hat ein Vorstoß von Marsh und Willis. Die Firmen fordern von Industrieversicherern Zusatzprovisionen von 2,5 Prozent der Prämie. Sie begründen das mit Dienstleistungen für die Versicherer. Bei Kunden klingen bei solchen Forderungen alle Alarmglocken. Denn für Zusatzprovisionen müssen sie aufkommen.
Dabei haben Makler ohnehin das Problem, ihre Existenz zu begründen. Der Dienst am Kunden geht weit über das Aussuchen einer Versicherungspolice hinaus, was Firmen aber nicht immer klar ist. „Wir coachen die Kunden“, sagt Leberecht Funk, Chef der gleichnamigen Maklerfirma und Präsident des Verbands Deutscher Versicherungsmakler. Die Broker analysieren die gesamte Lage eines Unternehmens von operativen und politischen Gefahren bis zu Markt- und Kapitalrisiken und entwickeln Lösungen. „Die Beratungskompetenz der Makler wird sich noch enorm verstärken“, sagt Funk. Traditionell macht die Beratung 20 Prozent der Arbeit aus, die Transaktion des Risikos 80 Prozent. In Zukunft werde es umgekehrt sein, erwartet Funk.
Maximilian Teichler von Willis will mehr als Risikoberatung. „Sprinklerköpfe zählen kann jeder“, sagt er. Nach seiner Einschätzung werden Policen und Anbieter für Industriekunden immer austauschbarer. „Makler müssen sich an der Wertschöpfungskette der Unternehmen beteiligen.“ Möglich ist das etwa bei erweiterten Garantieleistungen, die Hersteller auf Produkte geben. Gewährt ein Produzent auf Spülmaschinen drei Jahre mehr Garantie als die Konkurrenz, hat er einen Wettbewerbsvorteil. Die längere Garantie versichert er. Eine weitere Möglichkeit, Mehrwert zu schaffen, ist die Bündelung von Risiken. Makler organisieren Portfolio-Deckungen, etwa für Unfallrisiken, und vermitteln Teile an einzelne Firmen. „Es gibt einen Trend zur Bündelung“, sagt Teichler.
Dem folgt auch Marsh. Der Makler hat eine Poollösung für Haftpflichtrisiken von Maschinenbauern entwickelt. Diese haben in der Regel einen relativ niedrigen Haftpflichtschutz. Immer häufiger verursacht eine Maschine etwa durch einen Brand einen hohen Schaden. „Wir kaufen die Deckungen für die Firmen nicht separat, sondern auf einmal eine große Deckungssumme“, erklärt Jochen Körner von Marsh. Davon können Firmen den Teil erwerben, den sie brauchen und so deutlich Kosten sparen. Für andere Branchen will der Makler ähnliche Konzepte entwickeln. „Einen großen Bedarf gibt es für Lösungen rund um die Lieferkette“, sagt Körner.
Zitat:
“ „Wir coachen die Kunden“ “ – Leberecht Funk, Verband Deutscher Versicherungsmakler –
Bild(er):
In tropischen und subtropischen Meeren sind die Helmschnecken verbreitet. Sie ernähren sich vor allem von Stachelhäutern wie Seegurken, Schlangen- und Seesternen sowie Seeigeln. Bei der Jagd leitet sie ihr Geruchssinn – Getty Images/Jim Wehtje
Anja Krüger
Quelle: Financial Times Deutschland
Dieser Beitrag ist nur für Premium-Abonnenten vom Versicherungsmonitor persönlich bestimmt. Das Weiterleiten der Inhalte – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Bitte bedenken Sie: Mit einer von uns nicht autorisierten Weitergabe brechen Sie nicht nur das Gesetz, sondern sehr wahrscheinlich auch Compliance-Vorschriften Ihres Unternehmens.
Diskutieren Sie mit
Kommentare sind unseren Abonnenten vorbehalten. Bitte melden Sie sich an oder erwerben Sie hier ein Abo