Versicherer dringt auf Änderung der Mehrwertsteuerregeln · Konzern bleibt trotz des Scheiterns der Bâloise-Transaktion offen für Fusionen
Von Herbert Fromme, Köln D er Kölner Versicherungskonzern Gothaer rechnet mit einer deutlichen Zunahme von begrenzten Kooperationsprojekten zwischen deutschen Versicherern – vorausgesetzt, die Bundesregierung ändert die Regeln für die steuerliche Behandlung dieser Projekte. „Dazu gibt es Gespräche in Berlin“, sagte Konzernchef Werner Görg. Auch die EU denke an eine Modifizierung.
Nicht alle Gesellschaften wollten und könnten den hohen Aufwand bewältigen, den neue Regeln wie die Gesundheitsreform für die Assekuranz bedeuten. Deshalb seien Kooperationsmodelle in der IT oder der Versicherungstechnik attraktiv.
Bisher gebe es dafür aber ein schwerwiegendes Hindernis, sagte Görg. Wenn zwei Versicherer ein Gemeinschaftsunternehmen etwa für die IT gründen, muss diese Gesellschaft auch den beiden Eignern für ihre Leistungen Mehrwertsteuer berechnen. Versicherer können aber – anders als Industriebetriebe – diese Zahlungen nicht als Vorsteuer mit Mehrwertsteuereinnahmen von ihren Kunden verrechnen, denn sie sind mehrwertsteuerfrei. „Jetzt wird geprüft, ob solche nicht auf eigenständige Gewinnerzielung ausgerichtete Unternehmen wie Konzerngesellschaften behandelt werden.“
Das Scheitern der Fusionsgespräche mit der Bâloise Anfang des Jahres bedauerte Görg. „Persönlich lässt sich eine Enttäuschung nicht verhehlen.“ Die Gothaer sei aber weiter an Gesprächen über Fusionen interessiert, sagte Görg. Voraussetzung seien klare Einigungen über betriebswirtschaftliche Ziele. Zurzeit führe die Gothaer eine Reihe von Verhandlungen zur Übernahme einzelner Bestände oder kleiner Gesellschaften.
Der Konzern, der von einem Versicherungsverein kontrolliert wird, erzielte 2007 Beitragseinnahmen von 3,95 Mrd. Euro, eine Steigerung von 2,3 Prozent. Der Gewinn stieg von 120 Mio. Euro auf 135 Mio. Euro.
In der Autoversicherung habe die Gothaer die allgemeine Preissenkungswelle nicht mitgemacht, aber 2007 trotzdem 20 000 Fahrzeuge gewonnen und versichere jetzt 897 000. Für 2008 rechnet das Unternehmen mit einem Plus von 30 000. Das stammt ausschließlich vom Direktversicherer Asstel, die Gothaer Allgemeine verliert. Die Schaden- und Kostenquote von 111 Prozent der Beiträge bei Asstel begründete Görg mit dem Aufbau von Schadenreserven, „ein normaler Vorgang bei einem jungen Versicherer“, sowie Kosten von Kooperationsmodellen, etwa mit Tchibo.
Der Konzern will 2008 um rund zwei Prozent wachsen. In der Lebensversicherung rechnet Vorstand Hartmut Nickel-Waninger mit einer Steigerung des Neugeschäfts um 30 Prozent. Dazu trage ein neues Beratungsprogramm für die 1950 Vertreter bei. Er erwartet auch weiterhin hohe Einnahmen aus der Ausfinanzierung von Betriebsrenten durch Unternehmen.
Quelle: Financial Times Deutschland
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