Versicherungen gegen schwere Erkrankungen machen BerufsunfähigkeitspolicenKonkurrenz · Lücken im Leistungsspektrum
Von Friederike Krieger
Als Apple-Chef Steve Jobs im Juni vor die Presse trat, sorgte er für Aufruhr – allerdings weniger mit dem, was er zu verkünden hatte, als vielmehr mit seinem Aussehen. Jobs wirkte so hager, dass das Publikum schon während seiner Rede über mögliche Erkrankungen zu spekulieren begann. Der Kurs der Apple-Aktie ging in den Keller. Schließlich hatte Jobs erst vor einigen Jahren ein Krebsleiden überwunden.
Wenn eine wichtige Person im Unternehmen schwer erkrankt, kann das kostspielig werden. Immer mehr Firmen schließen deshalb für ihre Manager sogenannte Dread-Disease-Policen ab. Die Versicherungen gegen schwere Krankheiten sind laut Assekuranz aber auch für Privatpersonen geeignet und können eine Alternative zu einem Berufsunfähigkeitsschutz bieten. Verbraucherschützer zeigen sich allerdings skeptisch.
Bei Dread-Disease-Policen zahlt der Versicherer, wenn den Kunden eine der Krankheiten aus seinem Leistungskatalog erwischt. In der Regel sind 30 bis 40 schwere Erkrankungen abgedeckt. Die vereinbarte Summe – bei Privatpersonen meist zwischen 100 000 Euro und 200 000 Euro – erhält der Versicherungsnehmer als Einmalbetrag.
Das Geld soll ihm genug finanziellen Spielraum geben, um sich in Ruhe wieder von der Krankheit zu erholen. Der Kunde kann sich damit zum Beispiel eine bessere medizinische Behandlung leisten, als seine Krankenversicherung zahlen würde. „Oder er nutzt das Geld, um sich einen ruhigeren Beruf zu suchen, damit auf den ersten Herzinfarkt nicht gleich ein zweiter folgt“, sagt Thomas Lerch, Produktmanager von Canada Life. Mit rund 80 000 Policen im Bestand ist der Versicherer Marktführer in Deutschland.
„Die Dread-Disease-Police hat sich mittlerweile als Alternative zur Berufsunfähigkeitsversicherung etabliert“, sagt Sven Enger, Vertriebs- und Marketingvorstand des Versicherers Skandia. Als Zielgruppe haben die Gesellschaften vor allem gut verdienende Akademiker im Visier, die viel Zeit am Schreibtisch verbringen, wie Rechtsanwälte oder Architekten. Für diese Personen mache eine klassische Absicherung über eine Berufsunfähigkeitspolice nicht viel Sinn, glaubt Lerch. „Der Kunde muss schon sehr schwer angeschlagen sein, bevor der Versicherer leistet“, sagt er. So belastet ein überstandener Herzinfarkt den Rechtsanwalt zwar, macht ihn aber nicht unbedingt berufsunfähig. Der Dread-Disease-Versicherer zahlt trotzdem – und zwar wesentlich schneller als ein Berufsunfähigkeitsversicherer. „Es dauert sehr lange, bis festgestellt worden ist, dass jemand seinen Beruf nicht mehr ausüben kann und der Versicherte eine Leistung erhält“, sagt Lerch. Bei Dread-Disease-Policen gibt es gleich nach der Diagnose der Krankheit Geld.
„Eine Dread-Disease-Versicherung kann eine Berufsunfähigkeitsversicherung nicht ersetzen“, sagt dagegen Bianca Boss vom Bund der Versicherten. Um in der Werbung die besten Showeffekte zu erzielen, leiste die Dread-Disease-Versicherung nur bei populären Angstmachern wie Krebs oder Herzinfarkt, sagt Boss. Die spielen bei Frühinvalidität aber kaum eine Rolle. Es seien vorrangig Erkrankungen der Wirbelsäule und psychische Probleme, die zum Verlust der Arbeitskraft führen. Diese Leiden decken die Policen oft nicht ab.
„Es gibt eine Lücke im Leistungsspektrum“, gesteht Lerch von Canada Life ein. Der Versicherer hat bereits nachgebessert. Kunden können auf Wunsch einen abgespeckten Berufsunfähigkeitsschutz ihrer Dread-Disease-Police hinzufügen, der sie speziell gegen chronische Erkrankungen der Wirbelsäule und der Psyche absichert.
Auch bei der Gothaer kann der Kunde seine Versicherung gegen schwere Krankheiten mit einer Berufsunfähigkeitspolice kombinieren – oder sich mit einem anderen Zusatzbaustein gleichzeitig vor Erwerbsunfähigkeit und Pflegebedürftigkeit schützen. „So erhält der Kunde auch dann Geld, wenn seine Einschränkungen nicht durch eine versicherte Krankheit entstanden sind“, erklärt Philipp Gruhn, Produktmanager bei der Gothaer. Oft zählen auch Verletzungen durch schwere Unfälle zum Leistungsspektrum.
Quelle: Financial Times Deutschland
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