Finanzvertrieb und Mutter Swiss Life erwägen feindliche Übernahme ·Ankündigung für morgen erwartet
Von Herbert Fromme, Köln
Der Hannoveraner Finanzvertrieb AWD will den Konkurrenten MLP in Wiesloch bei Heidelberg übernehmen – notfalls auch gegen dessen Willen. Nach Informationen der FTD aus Branchenkreisen hat AWD-Chef Carsten Maschmeyer über mehrere Monate „intensive Gespräche“ mit dem MLP-Kollegen Uwe Schroeder-Wildberg sowie mit MLP-Gründer und -Großaktionär Manfred Lautenschläger geführt. „Dabei hat Maschmeyer bisher wohl noch keinen Durchbruch erzielt“, heißt es.
Deshalb erwägten AWD und seine Mutter, die Schweizer Versicherungsgruppe Swiss Life, jetzt eine feindliche Übernahme des Konkurrenten. Eine entsprechende Ankündigung werde möglicherweise schon morgen kommen. „Bei den Versicherern gibt es eine Marktbereinigung, da liegt es nahe, das auch bei den Distributoren zu erwarten“, hieß es in AWD-Unternehmenskreisen. Bereits heute legt MLP seine Zahlen für das zweite Quartal vor.
Die Familie Lautenschläger hält 32,4 Prozent an dem Ex-Dax-Mitglied MLP, US-Investor Harris Associates 9,8 Prozent. Die Hamburger Berenberg Bank kontrolliert seit Juli 10,2 Prozent an MLP – nicht im eigenen strategischen Interesse, wie es offiziell heißt. Branchenkreise halten es für möglich, dass Berenberg das Paket in Zusammenhang mit den AWD-Avancen für MLP gekauft hat.
Bei Anlegern könnte ein attraktives Angebot für MLP Interesse finden. Der Kurs stieg gestern um sechs Prozent auf 12,82 Euro. Im Vergleich zum Oktober 2000, als das Papier bei 168,98 Euro notierte, ist der heutige Preis aber im Keller. Bereits 2006 hatte Maschmeyer dem Rivalen ein Angebot gemacht. MLP-Vorstand und Aufsichtsrat wiesen den Vorstoß zurück – die Kultur der Unternehmen passe nicht zusammen.
Der Druck in Richtung Fusion dürfte heute deutlich stärker sein. AWD und MLP leiden unter ähnlichen Problemen. Sie verkaufen mit freien Handelsvertretern für Versicherer wie Allianz oder HDI-Gerling vor allem Lebens- und Krankenpolicen sowie Fonds und andere Sparangebote. Neue Gesetze und Kaufzurückhaltung angesichts der Finanzmarktkrise schwächen das Neugeschäft. Im Ausland haben sich beide in wichtigen Märkten verhoben.
Die gesamte Finanzvertriebsbranche befindet sich derzeit im Umbruch: AWD wurde Anfang des Jahres von Swiss Life gekauft, Ex-Manager von AWD und MLP haben den neuen Vertrieb Formaxx gegründet. Branchenführer DVAG hat den gesamten Vertrieb der Aachen-Münchener Versicherung übernommen. Mit einem Zusammenschluss würden AWD und MLP ihre bereits beträchtliche Marktposition gegenüber Versicherern und Fondsgesellschaften stärken. Sie erhalten als Provision rund sieben Prozent der Beiträge, die Kunden für Lebensversicherungen zahlen, sowie bis zu zwölf Monatsbeiträge für private Krankenversicherungen.
MLP stagnierte bei den Provisionseinnahmen im vergangenen Jahr mit 476 Mio. Euro. Der Gesamtumsatz einschließlich der Tochter Feri sowie der MLP-Bank belief sich auf 637 Mio. Euro, der Gewinn auf 76 Mio. Euro. Die Zahl der freiberuflichen MLP-Vertreter lag bei 2613. AWD kam 2007 auf 762 Mio. Euro Umsatz sowie 57 Mio. Euro Gewinn. Die Zahl der Vertreter lag bei 6439.
Quelle: Financial Times Deutschland
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