AWD-Chef kauft für mehr als 250 Mio. Euro über 20 Prozent am konkurrierendenFinanzvertrieb · Möglicher Tausch gegen Aktien des Versicherungskonzerns SwissLife
VON Herbert Fromme, Köln
AWD-Chef Carsten Maschmeyer und AWD-Mehrheitseigner Swiss Life sind beim Versuch, den Wieslocher Finanzvertrieb MLP zu übernehmen, ein entscheidendes Stück vorangekommen. Der vermögende AWD-Chef Maschmeyer soll nach FTD-Informationen aus Finanzkreisen auf eigene Rechnung kurzfristig weit über 20 Prozent an MLP aufgekauft haben – für mehr als 250 Mio. Euro . Einen Teil davon habe er von der Berenberg Bank übernommen. Das Institut hatte Ende Juli mitgeteilt, 10,2 Prozent an MLP zu halten.
Ein mögliches Szenario sei, dass Maschmeyer die Aktien zusammen mit den 10,5 Prozent, die er noch an AWD hält, gegen Swiss-Life-Aktien tauscht, hieß es. Der 49-Jährige würde damit größter Privataktionär des Schweizer Konzerns. Swiss Life besitzt seit Anfang 2008 rund 86 Prozent am Hannoveraner Finanzvertrieb AWD.
Ein solches Geschäft würde Maschmeyer zwar nur eine Beteiligung von weniger als fünf Prozent an Swiss Life verschaffen. Mit ihr im Rücken könnte er allerdings seinen Plan vorantreiben, AWD und MLP zusammenzuführen. Der AWD-Chef hatte es mehrfach als sein persönliches Ziel bezeichnet, den größten Finanzdienstleister der Welt zu schaffen. Die MLP-Aktie legte gestern um 7,6 Prozent auf 13,80 Euro zu. Damit ist das Unternehmen 1,35 Mrd. Euro wert.
„Maschmeyer ist fest davon überzeugt, dass ein solches Zusammengehen Sinn ergibt“, hieß es aus Branchenkreisen. Er wolle die langfristige Integration führend begleiten. „Er hat aber erkannt, dass dies unter dem Dach Swiss Life viel besser geht als durch eine direkte Übernahme.“
Maschmeyer und Swiss Life wollen deshalb offenbar auch nach einer möglichen Übernahme MLP als separates Unternehmen mit eigener Marke beibehalten. Das Kalkül ist, dass so Synergieeffekte im Einkauf entstehen – vor allem durch eine stärkere Position gegenüber Versicherungsgesellschaften und Fondsanbietern, von denen AWD und MLP Provisionen kassieren. Zudem baue man auf Einsparungen in IT und Verwaltung, hieß es in den Kreisen.
Erst mittelfristig sei eine Fusion unter dem Dach von Swiss Life möglich, aber nicht zwingend. AWD und Swiss Life wollten nicht Stellung nehmen.
AWD und MLP verkaufen für Assekuranzkonzerne und Fondsgesellschaften vor allem Lebens- und Krankenversicherungen sowie Anlageprodukte. Wie der gesamte Markt leiden sie unter den strengeren Vorschriften für die Versicherungsbranche. Außerdem halten sich Kunden derzeit wegen der Finanzkrise mit langfristigen Festlegungen zurück. Die Branche ist im Umbruch – neue Vertriebe entstehen, kleinere lassen sich aufkaufen. Maschmeyer glaubt, dass größere Einheiten diese Situation besser bewältigen können.
MLP-Chef Uwe Schroeder-Wildberg bestätigte gestern Nachmittag ein erstes Gespräch mit den Schweizern. „Wir sind von Swiss Life kontaktiert worden“, sagte er zu Bloomberg TV. Am Vormittag hatte Schroeder-Wildberg in einer Telefonkonferenz noch mitgeteilt, der Vorstand sei bislang nicht angesprochen worden.
Der MLP-Vorstand und Großaktionär Manfred Lautenschläger, dessen Familie 32,4 Prozent besitzt, beharrt auf der Unabhängigkeit seines Unternehmens. Diese sei „eines der entscheidenden Erfolgskriterien“, sagte Schroeder-Wildberg. Jeder Versuch, gegen Vorstand und Großaktionäre Einfluss auf MLP zu gewinnen, sei „sehr fragwürdig“.
Die von Schroeder-Wildberg gestern vorgelegten MLP-Halbjahreszahlen fielen enttäuschend aus. Der Halbjahresgewinn ging von 22 Mio. Euro auf 14 Mio. Euro zurück. Umsatz und Gewinn konnte MLP nur wegen der letztmaligen Anpassung der Riester-Verträge halten.
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Leitartikel 27
Quelle: Financial Times Deutschland
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