Verkauf der Banktochter ist kein Befreiungsschlag · Versicherungsmarktentwickelt sich negativ
Von Herbert Fromme, Köln
Der Allianz-Konzern wird es auch nach dem Verkauf der Dresdner Bank schwer haben, an die Rekordgewinne der Jahre 2006 und 2007 anzuknüpfen. Das Marktumfeld im Kerngeschäft Versicherungen ist schwierig, und das Management muss mit dem Ansehensverlust durch den Schlingerkurs mit der Bank fertig werden.
Trotz der Belastungen durch die Frankfurter Tochter verdiente die Allianz 2007 nach Steuern 8 Mrd. Euro – der höchste Gewinn, den je ein deutsches Unternehmen vorgelegt hat. Auch in den Vorjahren konnte Vorstandschef Michael Diekmann solide Ergebnissteigerungen melden. Die Anleger honorierten das nicht im erwünschten Umfang. Zwar steht die Allianz besser da als wichtige Konkurrenten – die amerikanische AIG hat seit Anfang 2007 zwei Drittel ihres Börsenwerts verloren. Doch haben Allianz-Aktionäre wenig Freude, wenn sie die Wertentwicklung ihres Papiers mit der des Dax vergleichen.
Unmittelbare Besserung wird der Verkauf kaum bringen. Anleger werden abwarten, ob mit der hohen Beteiligung an der Commerzbank neue Risiken kommen. Vor allem aber befindet sich der Markt in der Schaden- und Unfallversicherung im Abschwung. In diesem Bereich, in dem die Allianz Autos, Gebäude, Industrieanlagen oder Haftpflichtrisiken versichert und das meiste Geld verdient, sinken die Preise deutlich – und die Allianz muss Marktanteile verteidigen. „Die Allianz fährt eine potenziell aggressivere Strategie“, beobachtet JP-Morgan-Analyst Michael Huttner. Das geht auf den Gewinn.
In der Lebensversicherung leidet die Branche unter zahlreichen neuen Vorschriften. Dazu kommt die starke Zurückhaltung der Kunden bei langfristigen Anlagen wegen der Finanzkrise. Trotzdem hat die Allianz im ersten Halbjahr in der Lebensversicherung deutlich gegen den Markttrend zugelegt. Das war aber der Effekt weniger großer Verträge wie der Ausfinanzierung der Pensionslasten von MAN, die mit 220 Mio. Euro zu Buche schlug. Im normalen Neugeschäft haben es die Vertreter sehr schwer – auch deshalb, weil der Großumbau zum „Zielbetriebsmodell“ hakt. „Im Jahr 2008 dürfte es noch dauerhaft rumpeln, das ist völlig normal“, stellte Maximilian Zimmerer fest, Chef der Allianz Leben.
Der Vertrieb über die Bankschalter dürfte durch den Deal kaum leiden, ganz im Gegenteil. Die Allianz wird wohl alleiniger Produktpartner der fusionierten Bank, erhält also zusätzlich die Vertriebskraft der Commerzbank, die bislang Policen der Generali-Tochter Volksfürsorge verkauft. Mittelfristig aber könnten sich die Konditionen verschlechtern, da jetzt die Allianz nicht mehr Eigner der Bank ist.
Bei Mitarbeitern, Anlegern und Kunden hat die Allianz-Führung noch ein weiteres, großes Problem. Ihre Glaubwürdigkeit ist angekratzt. Jahrelang hatte Diekmann den integrierten Finanzkonzern als Modell der Zukunft hochgehalten. Jetzt verkauft er die Bank. Diekmann sieht das Problem der Glaubwürdigkeitslücke und lässt verbreiten, er sei „innerlich“ noch nie vom Kauf der Dresdner Bank überzeugt gewesen, die sein Vorgänger und jetziger Aufsichtsratschef Henning Schulte-Noelle vollzog. Das wird vor allem der Außendienst mit Interesse hören, der auf Diekmanns Geheiß große Kampagnen für den Verkauf von Kreditkarten und anderen Bankangeboten fahren musste. „Wir begrüßen den Verkauf“, hieß es beim Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute, in dem viele Außendienstler Mitglied sind.
Quelle: Financial Times Deutschland
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