Trendwende bei den Preisen möglich · FTD-Interview mit US-Chef der MünchenerRück
Von Herbert Fromme, Princeton
Hurrikan „Gustav“ und weitere Stürme könnten eine Trendwende bei den Preisen für die Rückversicherung einleiten, erwartet die Münchener-Rück-Tochter Munich Re America (MRAm). „Eine heftige Hurrikansaison könnte zusammen mit der internationalen Finanzmarktkrise dazu führen, dass die Nachfrage nach Rückversicherungsschutz steigt“, sagte MRAm-Chef Anthony Kuczinski im FTD-Interview wenige Tage vor Beginn des Welt-Rückversicherungstreffens in Monte Carlo. Bei den Anbietern dürfte die Kapazität wegen der marktweiten Investmentverluste durch die Finanzkrise gesunken sein, sagte er.
Seit Jahren kämpfen die Rückversicherer auch in den USA, weltweit der größte Markt, mit stetig fallenden Preisen. „Der Markt geht nach unten, vor allem bei den Preisen, nicht so sehr bei den Bedingungen“, sagte Kuczinski. Sein Unternehmen sieht er dennoch in einem wetterfesten Zustand, weil es Gewinn vor Umsatz stelle. „Wir haben 2007 fünf Prozent Umsatz aufgegeben, weil wir nicht genug gutes Geschäft gefunden haben.“
Sogar in der Absicherung von Hurrikanrisiken, die MRAm vor allem in Florida und Texas betreibt, habe die Gesellschaft „noch ausreichende Preise“ erzielt. Zu den Belastungen aus Hurrikan „Gustav“ könne das Unternehmen erst in einigen Tagen etwas sagen.
Mit dem bislang niedrigen Preisniveau kann MRAm gut umgehen. „Aber die Einmischung der Staatsregierung von Florida ist sehr problematisch“, sagte Kuczinski. Florida hatte nach Preiserhöhungen von Versicherern infolge des Sturms „Katrina“, der die Assekuranz 2005 rund 70 Mrd. $ kostete, die staatliche Versicherung und Rückversicherung ausgebaut. „Das staatliche Florida-Modell geht davon aus, dass die vorhandenen Risiken nicht größer werden.“ Das sei ein Irrtum, der den Steuerzahler teuer zu stehen kommen werde.
1996 hatte die Münchener Rück für 3,3 Mrd. $ die damalige American Re gekauft. Zunächst schien das Engagement sich prächtig zu entwickeln, Umsatz und Gewinn sprudelten in der zweiten Hälfte der 90er. Doch nach 2001 stellte sich heraus, dass die US-Tochter – wie auch Konkurrenten – hohe Haftpflichtrisiken zu unzureichenden Preisen übernommen hatte. Vor allem Schäden aus der von den Arbeitgebern abgeschlossenen Arbeiterunfallversicherung (Workers` Compensation) und aus Asbest- sowie Umweltbelastungen quälen die MRAm bis heute. Mehrfach musste die Münchener Rück hohe Summen einschießen.
„Seit 2002 haben wir positive Ergebnisse, wenn wir das Geschäft der jeweiligen Jahre betrachten“, sagte Kuczinski. „Aber natürlich gibt es noch potenzielle Belastungen aus den Jahren davor.“ Immer noch werden Schäden angemeldet, die auf diese Jahre zurückgehen, vor allem Berufskrankheiten.
Das inzwischen vollständig ausgewechselte Management hat ebenso wie die Münchener Mutter die Lektion gelernt. „Wir haben keine Wachstumsziele, die auf Beiträgen basieren. Ausschließlich Profitabilität zählt“, sagte Kuczinski. Der US-Rückversicherungsmarkt ist rund 50 Mrd. $ schwer und schrumpft seit Jahren. Kuczinski beziffert den Marktanteil der Münchener Rück auf 5,5 Prozent. „Wir sind jetzt die Nummer fünf.“
Im US-Rückversicherungsmarkt gebe es rund 150 Mrd. $ nicht benötigtes Kapital, sagt Kuczinski. Das drückt die Preise. „Dazu kommt, dass die Erstversicherer bis jetzt mehr Geschäft selbst behalten und weniger an die Rückversicherer abgeben.“ Kurzfristig erwartet das Unternehmen daher, dass sein Umsatz eher sinkt als steigt. Deshalb suche die Gruppe Wachstum in Nischen wie etwa durch die Übernahme des Spezialversicherers Midland.
Im Kerngeschäft Rückversicherung will MRAm sich im Maklermarkt besser positionieren. Bisher kommt das Geschäft meistens direkt von den Erstversicherern, während mehr als 80 Prozent des Marktvolumens von Maklern platziert werden. „Wir haben unseren Dialog mit den Maklern intensiviert, damit sie unsere neue Strategie kennen und wissen, was wir alles können“, sagte Vorstandsmitglied Pina Albo. Bisher habe die Maklerszene die Munich Re America „viel enger“ gesehen.
www.ftd.de/assekuranz
Rückversicherer trotzen Krise
Quelle: Financial Times Deutschland
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