Chef Michael Diekmann kann keine Trendwende in der Schaden- und Unfallversicherung ausmachen
VON Herbert Fromme, München
Der Versicherungskonzern Allianz ist skeptisch, dass die noch immer fallenden Preise in der Schaden- und Unfallversicherung für Unternehmen bald wieder anziehen. In den kommenden zwölf Monaten gebe es nicht viel Raum für Preiserhöhungen, sagte Konzernchef Michael Diekmann vor Einkäufern auf dem Industrieversicherungskongress des Deutschen Versicherungsschutzverbands. Er ist die Lobbyorganisation der deutschen Industrie in Versicherungsfragen.
Seit mehreren Jahren schon fallen die Preise in der Schaden- und Unfallversicherung, dem Hauptgewinnbringer der Branche. Die meisten Versicherer verdienen trotzdem sehr gut – auch weil die Schadenzahlungen sinken.
Bisher konnten Versicherer die gewünschten Preiserhöhungen kaum umsetzen. Diekmann sagte, es gebe zwar einzelne Märkte wie Großbritannien oder Asien, in denen sich die Preise in einzelnen Sparten verbesserten. Für den globalen Durchschnitt sei das aber nicht festzustellen.
In Abgrenzung zu vielen Wettbewerbern und Kunden sprach sich Diekmann dafür aus, dass in Versicherungskonsortien unterschiedliche Preise an die Mitglieder gezahlt werden sollten. Damit kommt er einer Forderung der Europäischen Kommission entgegen. Konsortien für große Industrierisiken werden von einer Gesellschaft geführt, die das Risiko bewertet, den Preis aushandelt und Schäden reguliert. Sie übernimmt 20 bis 30 Prozent selbst, den Rest teilen sich andere Anbieter. „Mir ist nicht verständlich, wie im sehr Know-how-intensiven Industrieversicherungsgeschäft ein Führungsversicherer den gleichen Prämiensatz in Rechnung stellen soll wie der Mitversicherer, der in dieser Konstellation nur seine finanzielle Kapazität zur Verfügung stellt“, sagte er.
Gerüchten über ein Allianz-Interesse an der britischen Assekuranzgruppe RSA Insurance erteilte Diekmann indirekt eine Absage. „Ich spreche nie über Spekulationen“, sagte er. „Das habe ich in der Zeitung gelesen und fand das einen interessanten Ansatz.“ Übernahmen von Industrieversicherern sehe er „ausgesprochen kritisch“. Es gebe zu viele Überschneidungen bei den Kunden. So habe sich die Allianz den Gerling-Konzern angesehen, als der zum Verkauf stand, sich aber dagegen entschieden. „Ich glaube, wir müssen uns in unserem Markt organisch beweisen.“ Die Allianz sei mit mehr als 5 Mrd. Euro Prämie in der Industrieversicherung in Deutschland klar der Marktführer und wolle in diesem Markt bleiben. Dabei ist sie mit zwei Töchtern tätig. Die Allianz Global Corporate & Specialty ist der weltweit agierende Industrieversicherer, der sich auf Firmen mit mehr als 500 Mio. Euro Umsatz konzentriert. Die Allianz Versicherung deckt dagegen neben Privatleuten auch Firmen bis zu dieser Größe ab.
Diekmann gestand ein, dass der Umbau der deutschen Allianz, der bis Ende 2008 abgeschlossen sein soll, noch Probleme macht. „Natürlich weiß ich, dass Ihre Erfahrungen bis jetzt nicht immer positiv waren“, sagte er den Industriekunden. „Sie haben während dieser Umbauphase Bearbeitungsmängel in der Schadenbearbeitung, Fehlleitungen, technische Probleme und Ressourcenengpässe erlebt.“ Die Allianz arbeite an der Abstellung, so habe sie im Bereich Kfz-Flotten mehr Mitarbeiter qualifiziert und technische Mängel behoben.
Der Allianz-Chef wehrte sich gegen immer wieder geäußerte Vorwürfe, die Versicherer würden bei Managerhaftpflichtschäden (Directors & Officers Liability, kurz D&O) nicht zahlen. Die Höhe der Schadenzahlungen der vergangenen Jahre zeigte, dass die Versicherer „substanziellen Ausgleich“ geleistet hätten.
Kurz nahm der Allianz-Chef auch zum Siemens-Fall Stellung. Siemens will von Ex-Vorständen Schadensersatz für Fehler in deren Amtszeit. Dafür hat der Konzern eine Managerhaftpflichtdeckung abgeschlossen, die bis 250 Mio. Euro reicht. Die Allianz führt das entsprechende Konsortium und trägt 70 Mio. Euro des Risikos. Konzernchef Diekmann ist pikanterweise auch im Siemens-Aufsichtsrat.
Er könne nicht öffentlich zu Siemens Stellung beziehen, sagte Diekmann. Es sei aber nötig, sich sehr viel intensiver mit bestimmten Fragen auseinanderzusetzen. Dazu gehöre, „welche Haftungsrisiken sich zum Beispiel aus der Anerkennung von Ordnungswidrigkeiten in Deutschland auf die Haftung in den USA ergeben.“ Damit deutete er an, dass Manager mit dem Eingeständnis von Ordnungswidrigkeiten hierzulande Anklägern und Börsenaufsicht in den USA Munition für eine drastischere Verfolgung liefern.
Quelle: Financial Times Deutschland
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