Als Werbestandort ist Düsseldorf die Nummer eins in Deutschland. Doch mit demMarketing in eigener Sache tut die Stadt sich schwer. Sie hat zwar vieleStärken, aber kein klares Image
VON Friederike Krieger
Tosi ist bei jeder Großveranstaltung dabei – ob NRW-Tag, das Radrennen rund um die Kö oder die Familienmesse. Er badet in der Menge, lässt sich fotografieren, winkt und knuddelt Kinder. Tosi ist das offizielle Maskottchen der Landeshauptstadt, ein menschengroßer, roter Plüschlöwe, der eine blaue Krone auf dem Kopf und einen Plastikanker in der Hand trägt.
Tosi ist dem Düsseldorfer Wappentier nachempfunden. Sein Name leitet sich vom Fluss Düssel ab, der früher Tussale hieß. Im Auftrag der Düsseldorf Marketing & Tourismus GmbH rührt Tosi die Werbetrommel für die Stadt. „Er soll rheinische Lebensfreude und Heiterkeit vermitteln“, sagt Geschäftsführerin Eva-Maria Illigen-Günther. Der Löwe hat sogar eine eigene Homepage, auf der er sich vorstellt und seine Funktion erklärt.
Doch nicht überall kommt das rote Plüschtier gut an. Frank Dopheide, Chairman der in Düsseldorf ansässigen Werbeagentur Grey, spart nicht mit Kritik. Dringender als einen Botschafter aus Plüsch brauche die Stadt eine Botschaft, die sie in die Welt hinaustragen kann. „Es fehlt bisher ein klares Markenbild“, sagt der Werbefachmann.
Schlechtmachen will er das Düsseldorfer Marketing nicht. Die Stadt habe wichtige Projekte wie die Umgestaltung des Hafens angeschoben und habe damit neue imageträchtige Bilder geschaffen. Und anerkennend stellt er fest: „Düsseldorf hat das Marketing zur Chefsache erklärt.“
Insgesamt 5,5 Mio. Euro steckt die Stadt pro Jahr in die 2001 gegründete Stadtmarketing-Gesellschaft und die angegliederte Sportagentur. Unter den 85 Mitarbeitern des Unternehmens finden sich auch viele ehemalige Mitarbeiter von Grey. Das Stadtmarketing kümmert sich vorrangig um die touristische Vermarktung Düsseldorfs und organisiert kulturelle Ereignisse wie das Japanfest. „Damit hat die Stadt gezeigt, dass sie weit mehr zu bieten hat als die längste Theke der Welt“, sagt Dopheide und spielt auf die Düsseldorfer Altstadt an, wo sich Kneipe an Kneipe reiht. Jetzt müsse Düsseldorf aber noch einen weiteren Schritt nach vorne gehen und definieren, wofür die Stadt steht.
Keine einfache Aufgabe. „Es gibt nicht ein prägnantes Motiv, das Düsseldorf repräsentiert, sondern viele verschiedene Bilder“, sagt Dopheide. Berlin hat das Brandenburger Tor. Düsseldorf hat die Königsallee, die Altstadt, den Hafen, die Kunsthochschule. Bei den Stärken der Stadt sieht es ähnlich aus. Nach Dopheides Einschätzung sind es vor allem die wirtschaftliche Stärke, die hohe Lebensqualität sowie Schick und Luxus, die Düsseldorf ausmachen.
Das alles müsse die Stadt in einen Werbeslogan packen. „Düsseldorf zur Marke zu machen ist nötig, um im Wettbewerb der Metropolen die Nase vorn zu haben“, meint Dopheide. In einigen Jahren werde es nur noch eine Hand voll Megametropolen geben, die das große Geld und die guten Arbeitskräfte anziehen. Eine Stadt, die ihre Stärken nicht ausreichend kommuniziert, könne dabei schnell unter „ferner liefen“ enden.
Düsseldorf müsse deshalb seine starke Kreativwirtschaft mehr in den Vordergrund stellen, sagt Sebastian Hardieck, Executive Creative Director der Werbeagentur BBDO. Als er vor vier Jahren von Hamburg nach Düsseldorf zog, erwartete er nicht mehr als eine gepflegte Stadt mit guten Einkaufsmöglichkeiten. „Ich war völlig überrascht, wie gut die kreative Branche in Düsseldorf aufgestellt ist“, sagt er.
Ob Fotografen, Tonstudios oder Modellagenturen – Düsseldorf hat alles zu bieten. 989 Werbeagenturen haben hier ihren Sitz, die zuletzt einen Jahresumsatz von rund 4,67 Mrd. Euro erwirtschafteten. Damit ist die Stadt gemessen am Umsatz der Topwerbestandort in Deutschland. „Düsseldorf sollte stärker in die Welt hinausposaunen, dass es die Heimat der Kreativen ist“, sagt Hardieck. Hamburg kommuniziere diese Stärke wesentlich intensiver, obwohl die Hansestadt weniger zu bieten habe.
„Von der touristischen Warte aus betrachtet, ist es nicht ratsam, sich nur auf eine Werbebotschaft zu beschränken“, sagt Illigen-Günther vom Stadtmarketing. Dafür seien die Geschmäcker der Zielmärkte viel zu verschieden. „Im arabischen Raum und in Russland können wir mit Luxusshopping auf der Königsallee punkten“, sagt Illigen-Günther. Bei Holländern und Engländern kommen die Altstadt und die rheinische Lebensfreude gut an. Amerikaner interessieren sich wiederum primär für Architektur und Geschichte.
Das Konzept scheint aufzugehen. Die Zahl der Übernachtungen in Düsseldorf stieg im vergangenen Jahr um 7,2 Prozent. Der Landesdurchschnitt lag dagegen nur bei 2,7 Prozent. Trotzdem hat sich das Stadtmarketing auch schon an einer einheitlichen Werbekampagne für Düsseldorf versucht. Anlass war die Bambi-Verleihung 2007. Der Slogan lautete schlicht „Faszination Vielfalt“. Diese Idee hält Dopheide von Grey durchaus für gelungen: „Wenn sich nicht ein einheitliches Bild für Düsseldorf finden lässt, kann man natürlich auch die Vielfalt zur Stärke machen.“
Quelle: Financial Times Deutschland
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