Tochter des angeschlagenen US-Versicherers erwartet Zuspruch · Interview mitEuropachef Julio Portalatin
Von Herbert Fromme , Frankfurt
Die Europatochter der American International Group (AIG) erwartet in den Verhandlungen mit der Industrie für 2009 keinen massiven Umsatzeinbruch. „Natürlich müssen wir härter dafür arbeiten, das Vertrauen unserer Kunden zu erhalten“, sagte Europachef Julio Portalatin im FTD-Interview. In der Erneuerung zum 1. Oktober 2008 habe AIG Europe rund 90 Prozent des Vorjahresgeschäfts halten können. „Das ist so wie in jedem Jahr“, sagte Portalatin. „Wir haben etwas verloren, aber auch neue Kunden gewonnen.“ Der Härtetest kommt aber erst noch – die meisten Konzerne erneuern ihre Verträge zum 1. Januar. „Natürlich werden einige Kunden sich dafür entscheiden, unsere Rolle zu reduzieren“, sagte er. Dafür würden neue kommen. Mit ihrem Know-how und der Präsenz in 130 Ländern sei AIG attraktiv.
Die in Frankreich ansässige AIG Europe müsse immer wieder erklären, warum die Turbulenzen der Muttergesellschaft AIG Inc in New York keinen Einfluss auf ihre eigene Finanzstärke haben, sagte er. AIG musste Mitte September die US-Regierung um Finanzhilfe in Höhe von 85 Mrd. Euro bitten, weil das Unternehmen sich bei der Absicherung von auf Hypotheken beruhenden Kreditderivaten gigantisch verzockt hatte. Seither gehört AIG zu 80 Prozent der US-Regierung. Vergangene Woche benötigte AIG weitere 38 Mrd. $ Staatsgeld.
Es gebe keinerlei Beherrschungsverträge mit der Konzern-Obergesellschaft. AIG Europe sei ein eigenständiger Versicherer, der von der französischen ACAM beaufsichtigt wird. Im Falle einer Insolvenz der US-Mutter würde ACAM sicherstellen, „dass die Vermögenswerte geschützt würden und verfügbar wären, um Ansprüche von Versicherten zu bedienen“, sagte Portalatin.
„AIG Europe hat ein gutes Rating von ,A+` sowie eine hohe Kapitalkraft“, sagte er. Das Unternehmen ist in 21 Ländern tätig, hat heute 2100 Beschäftigte und kam 2007 auf rund 3 Mrd. Euro Prämie. Die deutsche Niederlassung erzielte mit der 2007 erworbenen Wüba 450 Mio. Euro. Wüba stehe nicht zum Verkauf, sagte Portalatin.
Konkurrenten werfen AIG vor, zu Dumpingpreisen anzubieten, um Kunden zu halten. Portalatin bestritt das. „Unsere Disziplin in der Tarifierung ist dieselbe“, sagte er. „Aber natürlich bewegen sich die Preise, weil wir einen weichen Markt haben.“ So bezeichnet die Branche fallende Preise. „Vor allem die Haftpflichtsparten sind weiter weich, allerdings sind die Preise in der Managerhaftung stabil. Bei der Deckung von Banken geht der Trend nach oben.“
AIG habe es geschafft, seine Beschäftigten zu halten. „Die Fluktuation ist nicht höher als sonst.“ Dazu trug ein millionenschweres Bonusprogramm für Topmanager bei, das AIG vor Kurzem bekannt gab.
Portalatin nannte Befürchtungen unbegründet, Schadenakten aus der Managerhaftpflicht könnten vom Mehrheitseigner US-Regierung für andere Zwecke genutzt werden, etwa die Strafverfolgung von Managern in den USA. „Die Regierung mischt sich nicht in das operative Geschäft ein“, sagte er.
Quelle: Financial Times Deutschland
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