Auftraggeber Buxpower kann Finanzierung nicht stemmen · Handelsschiffbauunter Druck
Von Kirsten Bialdiga, Düsseldorf, Patrick Hagen, Köln,
und Mark Krümpel, Hamburg
Die Krise der Containerschifffahrt hat nun auch ThyssenKrupp mit Wucht getroffen. Bei den Werften in Kiel und Emden müsse der Bau von vier Handelsschiffen mit sofortiger Wirkung gestoppt werden, teilte die Werftensparte ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) gestern mit. Die Auftraggeber hätten keine Finanzierungszusagen von Banken. Nach FTD-Informationen aus Schifffahrtskreisen wurden die Schiffe von Buxpower in Auftrag gegeben, einer Investmenttochter des deutschen Reedereiriesen NSB Niederelbe aus Buxtehude. NSB war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. TKMS wollte auf Anfrage nicht sagen, wer die Schiffe bestellt hatte.
Der Baustopp bei ThyssenKrupp zeigt, wie dramatisch sich die Lage am Markt für Containerschiffe entwickelt. Nachdem die Frachtraten wegen des stark gesunkenen Handelsaufkommens eingebrochen sind, liegen bereits weltweit mehr als 450 Containerschiffe in Häfen oder vor Anker. Insgesamt haben Werften zwar nach Angaben des Analysehauses Clarkson Research Schiffe im Wert von 540 Mrd. $ in den Auftragsbüchern stehen. Bezahlt ist davon bisher jedoch nur ein geringer Teil.
Die bei ThyssenKrupp in Auftrag gegebenen Schiffe befanden sich in einem frühen Baustadium – sie sollten 2010 abgeliefert werden. Wäre der Bau nicht gestoppt worden, hätte ThyssenKrupp auf eigene Rechnung weiterbauen müssen. Bei den Schiffen handelt es sich um die 3400-TEU-Klasse, also um ein mittelgroßes Frachtschiff, das 3400 Container transportieren kann. Für solch ein Schiff wurde vor einigen Monaten noch ein höherer zweistelliger Millionenbetrag bezahlt.
Neben den vier gestoppten Schiffen haben die ThyssenKrupp-Werften HDW-Gaarden in Kiel und TKMS-Blohm + Voss-Nordseewerke in Emden noch vier weitere Schiffe im Bau. Zwei davon hat ebenfalls NSB Niederelbe in Auftrag gegeben. Das Unternehmen ist eine der größten deutschen Containerschiffsreedereien, es kontrolliert eine Flotte von 112 Schiffen, darunter 100 Containerschiffe. Die meisten sind an große Linienreedereien wie CMA CGM, MSC oder Hanjin verchartert. NSB Niederelbe betreibt die Schiffe, stellt die Besatzung und sorgt dafür, dass sie den Fahrplan einhalten, tritt aber selbst nicht als Transportdienstleister auf.
Zu den großen Anteilseignern an NSB gehört das Emissionshaus Conti, das Schiffsbeteiligungen anbietet und dafür Geld bei Privatinvestoren einsammelt.
Der Baustopp der vier Schiffe nährt bei Arbeitnehmervertretern die Befürchtung, dass sich ThyssenKrupp vom Handelsschiffbau komplett verabschieden könnte. Der Vorstand habe sich nicht ausreichend in Berlin dafür eingesetzt, unter den Finanzierungsschutzschirm zu kommen, hieß es. Wenn nicht weitere Aufträge hereinkämen, laufe die Beschäftigung im Handelsschiffbau damit voraussichtlich spätestens 2010 aus. Zurzeit hat diese Sparte 1300 Beschäftigte.
Bei TKMS hieß es, die Auswirkungen auf die Beschäftigung würden zurzeit bewertet.
Quelle: Financial Times Deutschland
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