Kehrtwende beim Krankengeld

Im Januar hat der Gesetzgeber das Krankengeld für Selbstständige gestrichen.Nun sollen sie ihre Ansprüche zurückerhalten

VON Friederike Krieger

Zum 1. August 2009 sollen gesetzlich versicherte Selbstständige ihren Anspruch auf Krankengeld zurückerhalten. Aufgrund einer Gesetzesänderung war dieses Recht Anfang 2009 entfallen. Viele Betroffene haben deshalb teure Zusatzpolicen abgeschlossen.

Die erneute Änderung ist für die rund eine Million gesetzlich krankenversicherten Selbstständigen in Deutschland von großer Bedeutung. Bis Ende 2008 konnten sie einen Einkommensverlust im Krankheitsfall über ihre reguläre Krankenversicherung ausgleichen. Ab dem 43. Tag der Erkrankung zahlten die Kassen in der Regel 70 Prozent des täglichen Arbeitseinkommens als Krankengeld. Im Zuge der Gesundheitsreform hatte der Gesetzgeber diese Möglichkeit gestrichen. Seit 1. Januar müssen sich die Selbstständigen selbst um ihre Absicherung kümmern. Sie können entweder bei ihrer Kasse einen Wahltarif zum Krankengeld abschließen oder sich um eine private Zusatzpolice bemühen.

Kurz nach Inkrafttreten der neuen Regelung vollzieht der Gesetzgeber nun die Kehrtwende. Die Selbstständigen sollen ihren gesetzlichen Anspruch auf Krankengeld zurückerhalten. Eine entsprechende Regelung wurde an die Arzneimittelnovelle angefügt, die ab dem 1. August gelten soll.

„Wer jetzt schon einen Wahltarif abgeschlossen hat, muss sich keine Gedanken machen“, erklärt Barmer-Sprecher Thorsten Jakob. „Wir werden eine versichertenfreundliche Lösung finden.“ Rund 35 000 Selbstständige haben sich für einen Wahltarif bei der Kasse entschieden. Nach bisheriger Planung sollen diese Tarife am 31. Juli auslaufen. Danach können die Versicherten wählen, ob sie ihren alten gesetzlichen Krankengeldanspruch wiederhaben wollen. In diesem Fall müssen sie den allgemeinen Beitragssatz von 15,5 Prozent zahlen. Oder sie entscheiden sich für einen neu aufgelegten Wahltarif. Da sie für die Policen eine separate Prämie an ihre Kasse zahlen, reduziert sich ihr Beitragssatz für den Krankenversicherungsschutz auf 14,9 Prozent. Wie die neuen Wahltarife aussehen werden, ist noch unklar. „Wir warten mit der Kalkulation der neuen Tarife ab, bis die Anforderungen des Gesetzgebers an diese Verträge abschließend geklärt sind“, sagt Jakob. Bundestag und Bundesrat müssen dem Gesetzesentwurf noch zustimmen.

Laut Entwurf dürfen die Kassen die Prämien künftig nicht mehr nach Alter staffeln, was bei den alten Wahltarifen üblich war. „Dadurch waren die Tarife für ältere Selbstständige sehr teuer“, erklärt der Frankfurter Rechtsanwalt Hermann Plagemann. Da der Gesetzgeber dieses Vorgehen nun verbieten möchte, rät Plagemann den Betroffenen, Widerspruch gegen den Bescheid über ihren Wahltarif einzulegen. So lasse sich eventuell ein Teil der teuren Prämie zurückholen. Zumindest für die alten Wahltarife soll zudem auch die automatische dreijährige Bindungsfrist an die Kasse entfallen.

Ulrich Oesingmann, Präsident des Bundesverbands der Freien Berufe, begrüßt zwar die Neuregelung. „Der alte gesetzliche Anspruch auf Krankengeld ist in der Regel für die Selbstständigen wesentlich kostengünstiger als die Wahltarife“, sagt Oesingmann. Er sieht aber nicht ein, dass die Freiberufler den gesetzgeberischen Zickzackkurs ausbaden sollen. „Der Gesetzgeber sollte die Kassen verpflichten, den Versicherten die überzahlten Beiträge zurückzuerstatten“, fordert Oesingmann. Zudem sollte es für Selbstständige, die sich zwischenzeitlich eine private Zusatzversicherung zugelegt haben, außerordentliche Kündigungsmöglichkeiten geben, damit sie zum 1. August wechseln können.

Die Ergo-Gruppe, zu der die Krankenversicherer DKV und Victoria gehören, schließt diese Möglichkeit nicht aus. Normalerweise kann ein Versicherter dort seine Krankentagegeldpolice nur mit einer Frist von drei Monaten zum Ende des Versicherungsjahres kündigen. „Wir werden aber Kulanzmöglichkeiten prüfen, sobald die juristischen Rahmenbedingungen feststehen“, erklärt Sprecher Christian Heinrich.

Quelle: Financial Times Deutschland

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