Unfallträchtige Flotten sind Anbietern ein Dorn im Auge
Von Friederike Krieger
Zehntausende von Pkw und Lkw fahren mit einer diskreten Werbebotschaft auf dem Nummernschildhalter durch Deutschland. „AIG – der Industrieversicherer“ heißt es auf den Fahrzeugen der Europcar-Flotte. Bis vor Kurzem stand dort noch „HDI“. Der Hannoveraner Talanx-Konzern, zu dem die HDI-Gerling-Versicherer gehören, hat das Geschäft verloren. Europaweit versichert Europcar seine Autos jetzt beim US-Anbieter AIG.
Hier geht es um Millionen. Doch zunehmend verdirbt der hohe Schadenaufwand Anbietern den Spaß. Jetzt wollen einige bei schadenträchtigen Kunden die Daumenschrauben anziehen. Der Versicherer Axa überprüft derzeit seine Bestände. „Wir suchen das Gespräch mit Kunden, die ein schlechtes Ergebnis aufweisen, und erarbeiten gemeinsam mit ihnen eine Lösung“, erklärt Uwe Hüholt, Leiter der Axa-Flottenversicherung. „Das können ein gezieltes Risikomanagement sein oder Preis- und Bedingungsanpassungen, sodass die Schadenquote dauerhaft verbessert wird.“ Als Alternative zu höheren Prämien käme ein höherer Selbstbehalt in der Kaskoversicherung infrage. Der Versicherer versucht zudem, sich erst gar kein allzu schadenträchtiges Geschäft einzuhandeln. „Wir versichern zum Beispiel keine Autovermietungen“, sagt Hüholt.
Bei der Allianz sieht es ähnlich aus. „Wir verfolgen im Kfz-Geschäft eine ergebnisorientierte Zeichnungspolitik“, sagt Peter Buchhierl, Leiter der gewerblichen Kfz-Versicherung beim Marktführer Allianz. „Die Preise befinden sich schon seit vier Jahren im Sturzflug“, sagt Buchhierl. Jahrelang hatten die Platzhirsche gut verdient und gaben bei den Preisen nach, um große Verträge zu halten. Dazu kam: Der Autoversicherungsmarkt stagniert, die Zahl der Fahrzeuge wächst nur minimal. Wer hier beim Volumen zulegen will, muss bei Konkurrenten abwerben. Und gerade große Flotten eignen sich dafür gut.
Außerdem hat die Autoversicherung die Besonderheit, dass sie zu hohen Reserven und damit Kapitalanlagen führt – die das Ergebnis deutlich aufhübschen. Laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft betrug die Schaden-Kosten-Quote der privaten und gewerblichen Kfz-Versicherer 2008 rund 102 Prozent der Beiträge. Das bedeutet zwei Prozent Defizit aus der Versicherungstechnik, das aber fast immer durch Kapitalerträge aufgewogen wird. HDI-Gerling verbucht im Flottengeschäft eine Quote von 105 Prozent.
Stabile Preise „Der Markt ist weiterhin sehr weich“, sagt Jens Noller, Fachbereichskoordinator Kfz beim Versicherungsmakler Marsh. „Auch bei der Erneuerung 2009 sind die Preise wieder um fünf bis acht Prozent gefallen.“ Der Wettbewerb sei für Prämienerhöhungen zu intensiv, so Noller. Zudem macht die Finanzkrise den Kunden zu schaffen. Wegen des nachlassenden Transportvolumens legen viele Unternehmen Teile ihrer Lkw-Flotte still. Bei Firmen, denen es schlecht gehe, ließen sich Prämienerhöhungen nur schwer durchsetzen. „Aus heutiger Sicht werden sich zur Erneuerung 2010 die Preise allenfalls stabilisieren“, vermutet Noller.
Neben den Preisen sind internationale Versicherungsprogramme ein großes Thema. „Immer mehr Firmen wollen ihren Versicherungsschutz in unterschiedlichen Ländern vereinheitlichen“, sagt Noller von Marsh. Auch die Kion Group in Wiesbaden möchte so arbeiten. Der Konzern verkauft und verleast Gabelstapler in über 100 Ländern. Da die Anforderungen an die Versicherung von Land zu Land unterschiedlich sind, hat Kion mit einer Vielzahl lokaler Anbieter Verträge geschlossen. Das geht zulasten der Transparenz. „Die Kfz-Policen sind bei unseren Versicherungsprämien der größte Einzelposten“, erklärt Kion-Versicherungschef Horst Greulich. „Vom Poolen der unterschiedlichen Verträge bei einem Versicherer erhoffen wir uns Kostenersparnisse.“
Quelle: Financial Times Deutschland
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