Kopf des TagesAls NRW-Gesundheitsministerin wurde Birgit Fischer bekannt,noch immer gehört sie dem SPD-Vorstand an. Tatsächlich aber hat die 56-Jährigelängst die Seiten gewechselt. Nun wird sie Chefin der größten deutschenKrankenkasse
Birgit Fischer hat schon so manchem Ärztefunktionär die Laune verdorben. Aber nicht etwa, weil sie unangenehme Dinge gesagt oder unliebsame Entscheidungen getroffen hätte – nein, sie ist stets freundlich, hört zu und greift Argumente auf. Doch genau das wurmt die Funktionäre. Denn damit passt Fischer einfach nicht in ihr Feindbild.
Als Vizechefin der Barmer Ersatzkasse (BEK) hat die 56-Jährige in den letzten Jahren viele Auseinandersetzungen mit Ärzten und anderen Lobbyisten durchfechten müssen. Dabei kam Birgit Fischer erst spät zum Gesundheitswesen. Die Mutter eines Sohnes war unter anderem Leiterin eines evangelischen Bildungswerks und Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Bochum. 1981 trat sie in die SPD ein, wurde 1991 Parlamentarische Geschäftsführerin der Landtagsfraktion. 1998 machte Ministerpräsident Wolfgang Clement sie zur Ministerin für Frauen, Familie, Jugend und – Gesundheit. Fischer gehörte zu den wenigen Sympathieträgern der rot-grünen Landesregierung, die im Mai 2005 abgewählt wurde.
Knapp zwei Jahre später, im Januar, wechselte die studierte Pädagogin dann zur Barmer und damit die Seiten – wo sie nun, nach der gestern vollzogenen Fusion mit der Gmünder Ersatzkasse, zur Chefin der größten deutschen Krankenkasse aufsteigt. Eingeweihte überraschte das nicht: Dass sie im 2007 als Quereinsteigerin gleich auf den Vizeposten rückte, galt schon damals als Indiz für noch höhere Weihen. Ende des Jahres soll sie Barmer-Chef Johannes Vöcking an der Spitze ablösen.
„Sie ist voll im Thema und von ihrer Art her eine gute Nachfolgerin“, glaubt der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, Leonhard Hansen. „Ihre Art, mit den Leuten umzugehen, ist sehr gewinnend.“ Der Vorstandschef der AOK Rheinland/Hamburg, Wilfried Jacobs, sprach von einer klugen Entscheidung des Verwaltungsrates. „Sie ist zuverlässig, aufgeschlossen gegenüber Argumenten und ausgleichend.“ Niemand solle sie aber wegen ihrer freundlichen Art unterschätzen. „Sie kann sich in der Sache durchsetzen.“
Auch von politischen Gegnern kam gestern Lob. „Sie ist offen, auch für Argumente, die nicht in ihr Weltbild passen“, sagte Ärztefunktionär Rudolf Henke, der gerade für die CDU in den Bundestag eingezogen ist. Als Fischer Gesundheitsministerin war, war Henke gesundheitspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion. Ihm habe die Standfestigkeit Fischers imponiert, als es um die Benennung neuer Standorte für Kliniken für psychisch kranke Straftäter ging.
In der Politik mischt Fischer als SPD-Bundesvorstand noch mit. Als Seitenwechsel wollte sie ihre berufliche Neuorientierung nie verstanden wissen. „Ich sehe den Wechsel als eine neue Möglichkeit, in der Praxis gute Lösungen im Gesundheitswesen im Interesse der Versicherten zu forcieren und umzusetzen“, schrieb sie 2007 ihren Parteigenossen. Ilse Schlingensiepen
Quelle: Financial Times Deutschland
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