Finanzvertrieb wird zum Tauschobjekt in der Schlammschlacht um denVersicherer Deutscher Ring · Bundeskartellamt schaltet sich ein
Von Herbert Fromme, Köln
Die seit Anfang des Jahres gemeinsam agierenden Versicherer Deutscher Ring (DR) Krankenversicherung und Signal Iduna haben nach FTD-Informationen ihre Anteile am Finanzvertrieb OVB erhöht und halten rechnerisch jetzt die Mehrheit. Damit könnte Bewegung in den seit einem Jahr dauernden Streit mit der Schweizer Gesellschaft Bâloise kommen, der die Kranken- und die Sachversicherung des Deutschen Rings gehören.
In Versicherungskreisen hieß es, beim OVB-Zukauf gehe es um einen Tausch: Reinhold Schulte, Chef von Signal Iduna und DR-Kranken, sei bereit, OVB ganz an Bâloise abzugeben. Im Gegenzug soll seine Gruppe dann DR-Leben und DR-Sach erhalten.
Das will Bâloise auf keinen Fall und schlägt stattdessen eine Trennung der Kranken-, Lebens- und Sachversicherer des Deutschen Rings vor, die seit 80 Jahren gemeinsam die Verwaltung und den Außendienst betreiben. In die Sache eingeschaltet hat sich nach FTD-Informationen inzwischen auch das Bundeskartellamt. Es verlangt eine Trennung – in die eine oder die andere Richtung. Die Finanzaufsicht BaFin hat eine Anhörung der Manager zu dem Thema gestartet, an deren Ende sie die Verantwortlichen absetzen könnte.
Beide Behörden stören sich daran, dass durch die verquere Organisationsstruktur die eigentlichen Konkurrenten Signal Iduna und Deutscher Ring zwangsverbunden sind. Dadurch könnten auch wettbewerbsrelevante Informationen an die jeweils andere Seite fließen, die nicht für sie bestimmt sind.
Die DR-Kranken hat in den letzten Tagen ihren direkt gehaltenen Anteil an OVB von 1,42 Prozent auf 3,74 Prozent erhöht. Die Iduna Lebensversicherung, bislang nicht im Aktionärskreis, hat an der Börse 1,05 Prozent gekauft, erfuhr die FTD. Ihre Schwestergesellschaft Signal Lebensversicherung besitzt bereits 28,56 Prozent. Die OVB-Aktie hatte in den letzten Novembertagen kräftig zugelegt.
Zusammen kommt das Lager jetzt auf 50,9 Prozent an OVB. Allerdings hält es einen Teil davon nur indirekt: 17,5 Prozent werden über die Deutscher Ring Beteiligungsgesellschaft gehalten, die insgesamt 50,1 Prozent an OVB hat. An der Beteiligungsgesellschaft besitzt die DR-Kranken 35 Prozent, den Rest halten die feindlichen Ex-Schwestern DR-Leben und DR-Sach.
Doch stünden bei einer Trennung der Ring-Gesellschaften – wie von Bâloise angestrebt – der DR-Kranken die 17,54 Prozent zu. Mit Generali hält ein weiterer Versicherer 11,5 Prozent an OVB, 5 Prozent sind im Streubesitz.
Hintergrund des Streits ist der Versuch von Bâloise, DR-Sach und DR-Leben mit ihrer zweiten Deutschlandgesellschaft Basler in Bad Homburg zusammenzufassen. Dabei störte die DR-Kranken.
Der Deutsche Ring besteht aus den beiden Aktiengesellschaften DR-Leben und DR-Sach, die Bâloise gehören, sowie der DR-Kranken, die aber keine Aktiengesellschaft ist, sondern ein Versicherungsverein. Trotzdem gab es gemeinsame Vorstände. Diesen Zustand kündigte Bâloise 2008 auf und entließ den Chef der DR-Gesellschaften, Wolfgang Fauter. Doch die Mitgliedervertreter der DR-Kranken hielten an Fauter fest. Seither arbeiten die Mitarbeiter für zwei verfeindete Arbeitgeber, die im selben Gebäude sitzen. Viele haben zwei Anstellungsverträge.
Der Krankenversicherer ist inzwischen bei Signal Iduna untergeschlüpft. Sie bilden einen gemeinsamen Konzern mit einheitlicher Führung – teilen aber weiter mit den Bâloise-Töchtern Büros, Vertrieb und Verwaltung.
Seitdem ist Signal-Iduna-Chef Schulte in Personalunion auch Vorstandsvorsitzender der DR-Kranken. Fauter ist dort und in den anderen Gesellschaften des neu formierten Konzerns sein Stellvertreter. Inzwischen hat Signal Iduna knapp zehn Prozent an Bâloise gekauft und versucht, auch auf diesem Weg in Basel Druck zu machen.
Quelle: Financial Times Deutschland
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