Bürogebäude und Lagerhallen lassen sich auch ohne die Bank finanzieren. DieKonditionen der Assekuranz sind in der Regel besser, die Angebote allerdings rar
VON Friederike Krieger
Die Zeit ist reif für ein privates Studentenwohnheim im thüringischen Ilmenau. Das dachte zumindest Norbert Wagner Anfang der neunziger Jahre. Die Technische Universität hatte sich nach der Wende in der Stadt etabliert. Die nahe dem Campus gelegene Pension von Wagners Eltern war baufällig. Ein Wohnheim zu betreuen wäre auch weniger zeitintensiv, sagte sich Wagner, im Hauptberuf Kreisgeschäftsführer des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft.
Doch seiner Hausbank war das damals 1,5 Mio. D-Mark teure Projekt nicht geheuer. Schließlich war Wagner ein Neuling auf dem Gebiet. „Die Bank verlangte zusätzliche Sicherheiten“, sagt er. Ein Makler vermittelte ihm eine Baufinanzierung des Versicherers Victoria. „Die Zinsen für das Darlehen waren sogar um 0,5 Prozentpunkte günstiger“, erzählt Wagner.
Für Projekte, hinter denen ein konkreter Sachwert steht, vergeben neben den Banken auch Versicherer Finanzierungen. „Eine Baufinanzierung durch ein Versicherungsunternehmen ist eine vollwertige Alternative zu einer Baufinanzierung durch eine Bank“, sagt Katrin Wahl, Sprecherin des weltweit größten Versicherers Allianz Leben.
Die Gesellschaft finanziert kombinierte Wohn- und Geschäftshäuser sowie Gebäude mit Läden, Büro- und Praxisräumen, Verwaltungsgebäude, Einkaufszentren, Verbrauchermärkte, und Gewerbeparks. Rund 19 Prozent der 1,1 Mrd. Euro, die der Versicherer 2008 an Darlehen vergab, waren gewerbliche Kredite. 2009 lag der Anteil bei 24 Prozent.
„Die gewerbliche Baufinanzierung hat für die Versicherer an Bedeutung gewonnen“, sagt Asger Nielsen, Geschäftsführer der DIMA Finanzierungs- und Immobilientreuhand. „Wegen der Niedrigzinsen am Kapitalmarkt sind die Gesellschaften auf der Suche nach Kapitalanlagen mit höherer Rendite.“ Das Unternehmen vermittelt schon seit über 20 Jahren gewerbliche Darlehen der Versicherer Allianz, Ergo, Signal Iduna und Zurich. Im Gegensatz zu Banken, die über viele Berater vor Ort verfügen, kümmert sich bei den Versicherern meist nur eine zentrale Abteilung um Geschäftsdarlehen. Den Vertrieb erledigen Spezialmakler.
Das bringt auch den Kunden Kostenvorteile. „Die Zinsmarge ist in der Regel ein Viertel bis ein halbes Prozent günstiger“, sagt Nielsen. Den Mittelständlern komme zudem zugute, dass die Gesellschaften Langfristfinanzierer sind. „Mit ihnen lässt sich problemlos eine 20 Jahre lange Zinsbindung vereinbaren“, sagt der Makler. Das ist angesichts der aktuellen Niedrigzinsphase ein Vorteil.
Banken können meist nur eine 10-jährige Bindungsfrist garantieren. Die Darlehensverträge der Versicherer sind oft einfacher gestrickt als die der Kreditinstitute. Sobald sich das Rating des Kunden verschlechtert, behalten sie sich Rechte zur Zinserhöhung oder Kündigung vor. „Den Versicherern ist zwar auch wichtig, dass der Darlehensnehmer über einen soliden finanziellen Hintergrund verfügt, doch die zu finanzierende Immobilie steht im Vordergrund“, sagt Nielsen.
Das Gebäude nehmen die Versicherer umso genauer unter die Lupe. Sie finanzieren nicht jedes Projekt. Für Fabrikhallen, die nur eine Firma nutzen kann, ist keine Finanzierung zu bekommen. Bei Büro- und Einzelhandelsimmobilien sieht es besser aus. „Die Gebäude müssen drittverwendungsfähig sein“, erklärt Nielsen. Die Versicherer lassen sich zur Absicherung des Kredits ins Grundbuch eintragen. Falls der Kunde seinen Kredit nicht abbezahlen kann, verwerten sie die Immobilie selbst. „Die Versicherer beleihen am liebsten Immobilien, die sie selbst kaufen würden.“
Dem Versicherer Zurich ist daran gelegen, dass der Unternehmer langfristige Mietverträge für das Gebäude vorweist. „Selbst genutzte Immobilien finanzieren wir eher ungern“, erklärt Robert Junker, der den Bereich Hypotheken verantwortet. Zudem müssten die Kreditnehmer 20 bis 30 Prozent der Bausumme als Eigenkapital aufbringen.
Auch mit geeigneter Immobilie kann ein Kreditwunsch scheitern. „Wenn der Versicherer mit dem Standort selbst schlechte Erfahrungen gemacht hat, wird er kein Darlehen vergeben“, sagt Nielsen. Eine Bank würde einfach höhere Zinsen verlangen. „Bei den Versicherern heißt es: ganz oder gar nicht.“ Junker schätzt den Marktanteil der Versicherer an der Baufinanzierung auf 3,5 bis 4,5 Prozent. Bei Gewerbekrediten sei er noch geringer. „Für die Versicherer ist das eher ein Nischengeschäft.“
Quelle: Financial Times Deutschland
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