Wie Billiganbieter das Filialverbot umgehen
Billiganbieter wie DocMorris, Europa Apotheek Venlo oder Easyapotheke sind kreativ, wenn es darum geht, weiter in den 40 Mrd. Euro schweren Apothekenmarkt vorzudringen. Zwar hat der Europäische Gerichtshof mit der Entscheidung gegen Apothekenketten in Deutschland die Billiganbieter zurückgepfiffen und ihren Hoffnungen auf das große Geschäft mit Medikamenten einen Dämpfer versetzt. Davon lassen sie sich jedoch nicht beirren. Mit ganz neuen Modellen wollen sie nun an dem streng regulierten Markt verdienen.
„Durch das Urteil hat sich für uns nichts geändert“, sagt Olaf Heinrich, Vorstand von DocMorris. Die Tochter des Pharmahandel- und Dienstleistungskonzerns Celesio setzt weiterhin auf den Versandhandel und Markenkooperationen – eine Art Franchise-Modell mit niedergelassenen Apothekern. Zusätzlich will sie nun mit neuen Dienstleistungen Kunden anlocken. „Dazu gehören zum Beispiel die Produkte unserer Eigenmarke, standardisierte Beratungsprogramme und Kooperationen mit wichtigen Partnern im Gesundheitsmarkt“, sagt Heinrich.
Das Unternehmen vertreibt ein Ibuprofen-Medikament unter eigenem Namen, das in kooperierenden Apotheken statt anderer Generika im Regal steht. Dort können Kunden auch einen Diabetes-Schnelltest machen oder an einem Raucher-Entwöhnungsprogramm teilnehmen.
Versandhandel wächst
Bei den nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten (OTC) bleibt der Versandhandel die größte Konkurrenz für stationäre Apotheken. „Derzeit wird etwa jedes zehnte rezeptfreie Medikament im Netz bestellt“, sagt Marlies Spiegel vom Marktforscher IMS Health. Viele Anbieter möchten ein Stück vom Kuchen des lukrativen Geschäfts abhaben, erklärt sie.
Etwa 2300 stationäre Apotheken in Deutschland besitzen eine Versandhandelslizenz. Daneben versuchen vor allem die großen Versandapotheken, über die Abgabe von Arzneimitteln in Drogerien wie DM, Müller oder Rossmann, das Filialverbot des Europäischen Gerichtshofs zu umgehen. Europa Apotheek Venlo betreibt mit seinem Kooperationspartner DM in Deutschland rund 1000 sogenannte Pick-up-Stellen. Der Versandhändler Deutsche Internet Apotheke verkauft Präparate in Filialen der Drogeriekette Rossmann.
Die niedergelassenen Apotheker beobachten die Aktivitäten der Billigkonkurrenz mit Skepsis. Sie drängen auf ein schnelles Verbot der Pick-up-Stellen. Medikamente seien ein besonderes Gut, das nicht wie Schokolade an jedem Kiosk verkauft werden dürfe. „Ein Verbot richtet sich gegen die Banalisierung von Arzneimitteln und sichert das hohe Niveau des Verbraucherschutzes bei der Medikamenten-Versorgung“, behauptet Thomas Bellartz, Sprecher der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände.
Anne-Christin Gröger
Quelle: Financial Times Deutschland
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