Wer größere Geldbeträge anlegen will, den lockt die Assekuranz mit kurzen Laufzeiten und hohen Zinsen. Das Geschäft geht allerdings zulasten der Bestandskunden. Auch die Finanzaufsicht interessiert sich dafür
VON Friederike Krieger
Die Geldanlage ist einfach gestrickt: Der Anbieter verspricht 2,1 Prozent Zinsen im Jahr, die für ein Quartal garantiert sind. Die Mindesteinlage beträgt 5000 Euro. Kosten entstehen nicht. Es gibt auch keine Mindestlaufzeit: Der Sparer kann jederzeit Geld von seinem Konto abheben.
Was sich nach einem Anlageangebot einer Bank anhört, ist eine Offerte des Direktversicherers Cosmosdirekt. Der neue Vertrag sei als Einstiegsprodukt in die private Altersvorsorge gedacht, so Sprecher Paul Neurohr. Sparer, die noch nicht sicher seien, ob sie eine Rentenversicherung abschließen wollen, könnten ihr Geld dort parken. Solche Kunden gibt es zuhauf. „Die Menschen wollen sich derzeit nicht langfristig binden“, sagt Neurohr.
Das große Problem für die Assekuranz: Klassische Lebens- und Rentenversicherungen gegen laufenden Beitrag verkaufen sich wegen der Krise nicht sonderlich gut. Um trotzdem Geld in die Kassen zu bekommen, setzen die Gesellschaften vermehrt auf Einmalbeiträge. Das Neugeschäft in diesem Bereich ist 2009 um 60 Prozent auf 21 Mrd.Euro Prämie gestiegen. „Das sind meist keine Versicherungen mit langen Laufzeiten, sondern bankähnliche Produkte zur kurzfristigen Geldanlage“, sagt Hans-Ludger Sandkühler, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands mittelständischer Versicherungs- und Finanzmakler (BMVF).
Anleger zahlen dabei in einen gut verzinsten Lebensversicherungsvertrag ein, den sie kurzfristig und ohne Verlust kündigen können. Solche Angebote hat fast jeder Versicherer im Programm. Auch Ergo Direkt, die frühere KarstadtQuelle Versicherung, bietet Kunden zwei Prozent Jahreszinsen, wenn sie das Geld einen Monat lang bei dem Versicherer anlegen. Bei einer Laufzeit von sechs Monaten erhöht sich der Zins auf 2,5 Prozent und bei einem Jahr auf drei Prozent. Das Interesse an dem Angebot sei groß, sagt ein Ergo-Direkt-Sprecher: „Angesichts der Krise stellen viele Anleger die kurzfristige Verfügbarkeit über ihr angelegtes Guthaben in den Vordergrund der Anlageentscheidung.“
Einen überdurchschnittlich hohen Einmalbeitragsanteil am Neugeschäft weisen öffentlich-rechtliche Versicherer wie die Versicherungskammer Bayern und die Provinzial Rheinland auf. Diese Gesellschaften vertreiben die Policen in erster Linie über Sparkassen.
Die Einmalbeiträge der Bayern-Versicherung, des Lebensversicherers der Versicherungskammer Bayern, flossen 2009 nach Angaben des Unternehmens größtenteils ins langfristige Vorsorgegeschäft, also in sofort beginnende oder aufgeschobene Rentenversicherungen. „Lediglich für die Wiederanlage von eigenen abgelaufenen Lebensversicherungen bieten wir ein Parkdepot mit zunächst fünfjähriger Laufzeit zu marktüblichen Zinsen, bei dem der Kunde für drei Monate eine Zinsgarantie erhält“, sagt Sprecherin Claudia Scheerer.
Die Grenze zwischen klassischen Verträgen und Kapitalisierungsprodukten verschwimmt langsam. Wenn ein Anleger 200 000Euro für eine in zwölf Jahren beginnende Rentenversicherung zahlt, kann er bei vielen Firmen innerhalb des Zeitraums kündigen – und schon nach wenigen Monaten lukrative Zinsen von deutlich über zwei Prozent mitnehmen, die im Laufe der Zeit noch steigen.
„Wer sein Geld kurzfristig parken will, sollte Kapitalisierungsprodukte von Versicherern in seine Überlegung einfließen lassen“, sagt Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten. Im Renditevergleich mit den Banken schnitten die Gesellschaften nicht schlecht ab. „Sie müssen sich nicht verstecken“, sagt er.
Kritiker werfen den Versicherern allerdings vor, dass die Bestandskunden die vergleichsweise hohen Zinsen der Kapitalisierungsangebote subventionieren. Die Gesellschaften müssen ihre Kunden an den erwirtschafteten Überschüssen beteiligen. „Wenn Versicherer mit ihren Festgeldangeboten höhere Zinsen bieten, als sie selbst am Kapitalmarkt verdienen können, dann geht das zulasten des Geschäftsergebnisses“, sagt Sandkühler vom BMVF. Das lässt wiederum die Überschussbeteiligung der Bestandskunden sinken.
Auch die Finanzaufsicht BaFin betrachtet die Kapitalisierungsprodukte mit Argwohn. Anfang April hat die Behörde Schreiben an alle Lebensversicherer verschickt, in denen sie detaillierte Daten zu den Angeboten einfordert. Branchenexperten werten das als Warnung an die Versicherer, es mit dem Einmalgeschäft nicht zu übertreiben.
Quelle: Financial Times Deutschland
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