Studenten scheuen Schulden

Nur wenige angehende Akademiker wollen Kredite zur Finanzierung vonStudiengebühren

Sie haben gestreikt, demonstriert, vielerorts Hörsäle und Rektorate besetzt. Es hat nichts genützt. Trotz hartnäckigen Protests der Studierenden haben viele Landesregierungen Studiengebühren eingeführt. Förderbanken sollen die Finanzierung der Uni-Tarife erleichtern. Aber nur wenige angehende Akademiker wollen die günstigen Kredite haben.

Studiengebühren bis zu 500Euro pro Semester gibt es in Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Das Saarland und Hessen haben sie wieder abgeschafft, in Nordrhein-Westfalen spielt diese Frage bei der schwierigen Regierungsbildung eine wichtige Rolle. Jahrzehnte hatte es in Deutschland keine Studiengebühren gegeben. Als einige Länder die Wiedereinführung planten, erließ die rot-grüne Bundesregierung 2002 ein Verbot. Doch das kassierte das Bundesverfassungsgericht 2005 mit dem Argument, der Bund überschreite seine Kompetenzen. Die Richter trugen den Ländern aber auf, bei der Einführung von Gebühren für Chancengleichheit von armen und reichen Studierenden zu sorgen. Dieses Gebot setzen die Länder mit günstigen Krediten für die Ausbildungskosten um, die Förderbanken anbieten.

Nach einer Erhebung des Deutschen Studentenwerks nehmen nur elf Prozent der in Frage kommenden Immatrikulierten so ein Darlehen in Anspruch. „Studierende sind kaum bereit, sich zu verschulden“, sagt Stefan Grob vom Deutschen Studentenwerk. Für 59 Prozent finanzieren die Eltern die Abgabe, 30 Prozent finanzieren sie mit jobben.

In Hamburg können sich Studierende die Gebühren in Höhe von 375Euro für die Dauer der Regelstudienzeit plus zwei Semester stunden lassen. Für die Abwicklung ist die Hamburgische Wohnungsbaukreditanstalt zuständig, die Finanzierungskosten trägt die Stadt. In Baden-Württemberg vergibt die L-Bank günstige Darlehen, in Nordrhein-Westfalen die NRW-Bank. Bayerische Studierende müssen über die Uni Anträge stellen, die sie an die KfW weiterleitet. Die niedersächsischen Kommilitonen können online einen Antrag an die zuständige NBank schicken. Bayerische Studenten zahlen zurzeit einen Zinssatz von effektiv 2,61 Prozent, niedersächsische effektiv 2,94 Prozent. In Niedersachsen werden für ein Darlehen von 5000Euro, das über 41 Monate mit jeweils 150Euro zurückgezahlt wird, 1017Euro Zinsen fällig. Die Rückzahlung beginnt nach dem Studium.

Die NBank hat seit 2006 rund 10 000 Studierenden einen Kredit gewährt. Pro Jahr leihen sich 2000 der 145 000 Studierenden in Niedersachsen Geld bei der NBank. Das sind wenige, findet man auch im Landeswissenschaftsministerium. „Wir halten aber an dem Modell fest“, sagt Sprecher Kurt Neubert. Um die Zahl der Anträge zu erhöhen, hat die Landesregierung die Bedingungen verbessert. So müssen Schuldner mit zwei oder mehr Geschwistern keine Zinsen mehr zahlen.

Auch zur Finanzierung der Lebenshaltungskosten gibt es spezielle Angebote für angehende Akademiker. Bei der KfW können sie monatlich zwischen 100 und 650 Euro bekommen. Der effektive Zinssatz ist mit 3,34 Prozent aber deutlich höher als der für die Gebührendarlehen. Seit dem Start des Programms hat die KfW 74 000 Zusagen erteilt, im Monat zahlt sie im Schnitt pro Empfänger 450Euro aus.

Solche Angebote sind nach den Zahlen des Deutschen Studentenwerks noch unpopulärer als die Gebührenkredite. Nur fünf Prozent der Studierenden haben sie 2009 genutzt, das waren allerdings doppelt so viele wie noch 2006. Nur ein Prozent hatte bei einem privaten Anbieter ein Darlehen, obwohl es nicht an Angeboten mangelt. Die Zinssätze sind zwar in den vergangenen Jahren gesunken, liegen aber deutlich über denen der Förderbanken.

Anja Krüger

Quelle: Financial Times Deutschland

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