EU knackt Altersvorsorge der Kommunen

Gericht: Private Versicherer müssen zugelassen werden

Von Friederike Krieger, Köln

Privaten Versicherern winkt ein lukratives neues Geschäftsfeld. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass kommunale Arbeitgeber ihre betriebliche Altersvorsorge für private Anbieter öffnen müssen.

Die Entscheidung ist ein schwerer Schlag für die öffentlichen Versicherer der Sparkassen. Betroffen von dem Urteil sind rund 2,3 Millionen öffentliche Angestellte. Sie haben genauso wie Beschäftigte in der Privatwirtschaft Anspruch darauf, Teile ihres Gehalts in einen Vertrag zur betrieblichen Altersvorsorge zu stecken. Dabei geht es um Beiträge von bis zu 2,5 Mrd. Euro jährlich.

Verfahren gegen Deutschland Private Anbieter wie HUK-Coburg oder Debeka blieben bei diesem Geschäft bisher außen vor. Denn ein 2003 zwischen den kommunalen Arbeitgebern und der Gewerkschaft Verdi geschlossener Tarifvertrag sieht vor, dass Kommunen und ihre Unternehmen nur mit ausgewählten Anbietern Rahmenverträge abschließen dürfen: mit öffentlichen Versorgungseinrichtungen, den Versicherern der Sparkassen – etwa der Provinzial – und Kommunalversicherern.

Die EU-Kommission hatte 2006 ein Verfahren gegen Deutschland eröffnet, weil sie den EU-Vertrag verletzt sah. Die Rahmenvereinbarungen seien öffentliche Aufträge und müssten europaweit ausgeschrieben werden.

Der Gerichtshof gab der Kommission jetzt recht. „Dass der EuGH diesen grundlegenden Verstoß gegen das Vergaberecht festgestellt hat, ist sehr erfreulich“, sagte Daniel Stanglmeier von der Pensionsmanagementtochter der HUK-Coburg. Ein Wermutstropfen sei allerdings, dass der Zwang zur Ausschreibung nur für große Kommunen und öffentliche Betriebe gelte.

Der EuGH hat exakte Grenzen gesetzt: Öffentliche Arbeitgeber, die 2004 Rahmenvereinbarungen abgeschlossen und damals mehr als 4505 Beschäftigte hatten, verstießen dem Urteil zufolge gegen das Vergaberecht. Für 2005 liegt die Grenze bei 3133 Angestellten, für 2006 und 2007 bei 2402.

Altverträge umstritten Unklar ist, ob bestehende Vereinbarungen weiter gültig sind. „Es ist umstritten, ob bei Verträgen, die gegen das Vergaberecht verstoßen, eine Kündigungspflicht besteht“, sagte der Nürnberger Vergaberechtsexperte Holger Schröder von der Kanzlei Rödl & Partner. Kommunen, die mit ihrem Anbieter unzufrieden sind, könnten aber versuchen, das Urteil als Kündigungsgrund zu nutzen.

Nicht alle privaten Versicherer sind an Neuausschreibungen interessiert. „Anstelle einer Ausschreibung wäre es besser, die Anbieter zuzulassen, die gewisse Mindestkriterien erfüllen“, sagte Hubertus Mund, Geschäftsführer des Versorgungswerks Klinikrente, das von Allianz, Axa, Swiss Life und Generali getragen wird.

Die Klinikrente hatte zuvor eine Öffnungsklausel in dem umstrittenen Tarifvertrag genutzt und eine Zulassung für Beschäftigte an kommunalen bayerischen Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen erhalten.

Quelle: Financial Times Deutschland

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