Aufseher verschärfen Regeln für das kurzfristige Geschäft mit Einmalbeiträgen
Von Herbert Fromme
und Anja Krüger, Köln
Die Finanzaufsicht BaFin legt gegenüber Lebensversicherern, die kurzfristiges Geschäft gegen Einmalbeitrag annehmen, eine härtere Gangart ein. Sie verschärft die Regeln drastisch und will damit die Benachteiligung bestehender Kunden und Liquiditätsengpässe verhindern, falls es zu Massenkündigungen kommt.
Die Branche bietet sogenannte Kapitalisierungsgeschäfte oder andere Verträge gegen Einmalbeitrag mit zwei oder drei Prozent Verzinsung an. Formal sind dies zwar Lebensversicherungen. Faktisch werden sie aber wie Sparverträge geführt – tägliche Kündigung eingeschlossen. Das Geschäft wächst rasant. „Diese Entwicklung macht es nun erforderlich, zur Wahrung der Belange der Versicherten aufsichtsrechtlich verbindliche Vorgaben zu solchen Produkten zu machen“, teilt die BaFin mit. Einmalbeiträge machten 2009 mit 21 Mrd. Euro fast ein Viertel der Beitragseinnahmen der Lebensversicherer von 85 Mrd. Euro aus. Viele gleichen damit die sinkenden Einnahmen aus Verträgen mit laufenden Beiträgen aus. Das Geschäftsmodell ist aber umstritten. Selbst in der Branche glauben manche, diese Angebote seien nur zulasten bestehender Kunden möglich. Der Branchenverband und Marktführer Allianz bestreiten das.
Die BaFin hat im Frühjahr die Lebensversicherer zu dem Problem befragt und als Konsequenz daraus am Freitag zwei Dokumente zur Konsultation veröffentlicht. Stellungnahmen sind bis zum 20. August möglich.
Eines davon ist eine verbindliche Anweisung der BaFin an alle Lebensversicherer. Sie zwingt diese, unverzüglich Gelder aus Einmalbeitragsgeschäften in einem separaten Kapitalstock zu führen, wenn sie drei Prozent des gesamten Sicherungsvermögens überschreiten. Bislang galt dies nur als Empfehlung. Die Aufseher wollen so verhindern, dass Kurzfristkunden von den langfristigen Kapitalanlagen der Altkunden profitieren, die zum Teil noch zu wesentlich höheren Zinsen angelegt sind als aktuell erzielbar wäre.
Die Behörde schreibt Versicherern mit rasch kündbarem Einmalbeitragsgeschäft ferner vor, künftig ihre Liquiditätsplanung so zu führen wie Banken. Bei einem plötzlichen Anstieg der Zinsen könnten viele Sparer ihre Einlagen bei Versicherern kündigen. Darauf sind sie aber wegen ihrer langfristigen Liquiditätsplanung nicht vorbereitet.
Die BaFin greift auch in die Vertragsbedingungen ein. Die Versicherer müssen die Laufzeit von Kapitalisierungsgeschäften im Voraus festlegen. Räumen sie Kunden eine Verlängerungsoption ein, müssen sie selbst ein Widerspruchsrecht haben. Die Sorge der BaFin dabei: Die Kunden könnten in einer langen Niedrigzinsphase mit Verlängerungen gegen die Gesellschaften spekulieren.
Quelle: Financial Times Deutschland
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