Duisburgs Oberbürgermeister gerät wegen der Loveparade-Katastrophe immer mehrunter Druck · Streit um Versicherung
VON Stefan Tillmann, Berlin, Anja Krüger, Köln,
und Isabel Gomez, Hamburg
B ei der Frage der Verantwortung für die Katastrophe auf der Duisburger Loveparade weisen immer mehr Politiker und Experten auf Duisburgs Oberbürgermeister (OB) Adolf Sauerland (CDU). Nach Prüfung des Auflagenbescheids erklärte Hans-Peter Uhl (CSU), innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, der Fall liege „jetzt glasklar vor“. Die Loveparade „hätte nie und nimmer genehmigt werden dürfen“, sagte er der FTD. Sauerland müsse die Verantwortung übernehmen, dazu gebe es „keine Alternative“.
Sauerland hatte in der „Bild“-Zeitung Verantwortung zurückgewiesen, weil er „keine einzige Genehmigung“ unterschrieben habe. Laut Joseph Mayer, Anwalt für Verwaltungsrecht und einst Bürgermeister in Fulda, entlastet das Sauerland aber nicht. „Jeder Sachbearbeiter unterschreibt in seinem Auftrag, auf dem Briefkopf steht: Der Oberbürgermeister“, sagte Mayer der FTD. Sauerland könne sich auch nicht darauf berufen, von Verwaltungsakten wie etwa Genehmigungen keine Kenntnis zu haben. Er müsse sich jeden Verwaltungsakt seiner Stadtverwaltung zurechnen lassen.
Auch Uhl sieht darin keine Entschuldigung. „Auflagenbescheide unterschreibt der OB nie selbst, aber sie werden in seinem Auftrag unterschrieben, und er hat als Chef der Stadtverwaltung die Verantwortung.“ Den Auflagenbescheid selbst kritisierte Uhl hart: „Jeder Obsthändler, der in der Münchner Fußgängerzone einen Stand eröffnen will, muss mehr nachweisen“, sagte er. Die beiden Seiten lieferten keine Informationen. Die Gefahren seien „überhaupt nicht benannt und geklärt“. So stehen dort keine Angaben über Ordner oder wie die Besucherzahl begrenzt werden soll.
Am Mittwoch hatte Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) vor allem dem Veranstalter Rainer Schaller der Lopavent GmbH die Schuld gegeben. Er habe die Verantwortung auf dem Gelände gehabt, sein Konzept sei nicht aufgegangen. Während die Staatsanwaltschaft Duisburg gegen unbekannt ermittelt, widersprechen sich die Aussagen der Polizei und des Veranstalters, wer, wann und wie die Zugänge zum Gelände gesteuert hat.
CSU-Politiker Uhl wiederum gab auch der Polizeiführung eine Teilschuld, es gebe keinen Raum, in dem die Polizei keine Verantwortung trage. „Die Polizeiführung hat die gesetzliche Pflicht, die Sicherheit zu gewährleisten. Wenn sie den Bescheid erst über den Umweg der Feuerwehr bekommen hat und vor Ort feststellt, dass Gefahr in Verzug ist, hätte sie die Veranstaltung abbrechen müssen“, sagte Uhl. „Der Hauptfehler“ liege aber bei OB Sauerland. Er müsse „das Begehren eines Kaufmanns bewerten, mit einer Veranstaltung mit möglichst wenig Auflagen viel Geld zu verdienen.“
Sauerland lehnt immer wieder einen Rücktritt ab, weil er während laufender Ermittlungen „kein Schuldeingeständnis“ abgeben will. Jurist Mayer nennt das „Unsinn“. Ein Rücktritt sei „nichts anderes als eine politische Geste“. Laut Politiker Uhl könne ein Rücktritt vielmehr strafmildernd wirken.
Quelle: Financial Times Deutschland
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