Oberster Versicherungsaufseher leitet Europaabteilung im Finanzministerium ·Branche verliert wichtigen Fürsprecher
Von Jens Tartler, Berlin,
und Herbert Fromme, Köln
Finanzminister Wolfgang Schäuble holt nach FTD-Informationen BaFin-Direktoriumsmitglied und Versicherungsoberaufseher Thomas Steffen in sein Haus. Dort soll er die Europaabteilung leiten. In Koalitions- und Regierungskreisen hieß es, die Berufung Steffens sei so gut wie sicher. Es stehe nur noch der Kabinettsbeschluss aus. Steffen soll seine Arbeit in Berlin im Oktober aufnehmen. Über einen Nachfolger bei der BaFin ist noch nicht entschieden. Weder Finanzministerium noch BaFin wollten Stellung nehmen.
Damit verliert die deutsche Versicherungsbranche einen wichtigen Fürsprecher. Steffen gilt als Aufseher mit klarer Ansage, der viel von den Versicherungsthemen versteht. Zahlreiche Manager rieben sich zwar an seiner forschen Rolle bei der Stilllegung der Mannheimer Lebensversicherung, die 2003 wegen hoher Verluste aus der Aktienkrise von der BaFin geschlossen wurde.
Doch gerade in den vergangenen Jahren, als Steffen an der Spitze des Committee of European Insurance and Occupational Pensions Supervisors (Ceiops), der Vereinigung der europäischen Versicherungsaufseher, stand, punktete er bei den Unternehmenschefs. Nicht zuletzt durch die Bemühungen, die neuen EU-Eigenkapitalregeln – Solvency II genannt – auch für kleinere Versicherer handhabbar zu halten. Steffen räumt seinen Posten in einer entscheidenden Phase. Denn die Details der neuen Regeln wollen die EU-Versicherungsaufseher bis April 2011 festlegen.
„Sollte es zutreffen, dass Herr Steffen die BaFin verlässt, wäre das aus Sicht der Versicherer sehr schade“, sagte Munich Re-Finanzchef Jörg Schneider auf Nachfrage der FTD. „Wir verlieren einen starken Versicherungsaufseher, der international hoch angesehen ist.“
Der bisherige Leiter der Europa-Abteilung, Wilfried Steinheuer, war zum Unterabteilungsleiter zurückgestuft worden. Im Zuge der Griechenland-Krise war die Europa-Abteilung regierungsintern kritisiert worden. Aus privaten Gründen wollte Steinheuer die Abteilungsleitung abgeben.
Steffen werde aus Bonn geholt, weil er praktische Europaerfahrung habe, hieß es in Koalitionskreisen. Der 48-jährige promovierte Jurist ist seit 2002 als Leiter der Versicherungsaufsicht bei der BaFin, vorher war er im Finanzministerium. Den Spitzenposten bei der Ceiops hat er seit fast drei Jahren inne. In dieser Rolle hatte er maßgeblichen Anteil an der Entwicklung von Solvency II.
Schneider von Munich Re sieht aber auch in Steffens Wechsel einen möglichen Gewinn: „Er wird seine Kenntnisse über das Versicherungsgeschäft auf europäischer Ebene sicherlich auch in seiner neuen Funktion wirkungsvoll zur Geltung bringen.“ Das würde der Assekuranz gefallen, denn sie wünscht sich ein stärkeres Eintreten Berlins für die Finanzbranchen auf EU-Ebene.
Aktuell dürfte der Schritt aber den deutschen Einfluss in einer anderen europäischen Institution schmälern. Steffen galt als Anwärter auf den Chefposten bei der neuen europäischen Versicherungsbehörde Eiopa, die Anfang 2011 mit deutlich mehr Vollmachten die Nachfolge der Ceiops antritt. Ihr Sitz bleibt Frankfurt.
Mit der Ernennung Steffens komplettiert Schäuble die Runde seiner Abteilungsleiter wieder. Er hatte drei ausgetauscht – Rainer Türmer, Chef der Rechtsabteilung, wurde durch Kurt Bley ersetzt. In der für Bundesbeteiligungen zuständigen Abteilung soll Johannes Geismann den Posten von Henry Cordes übernehmen.
Quelle: Financial Times Deutschland
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