In Deutschland verkaufen Rückversicherer das meiste Geschäft direkt an Erstversicherer. Makler bleiben traditionell außen vor. Doch seit einigen Jahrenwachsen die Marktanteile der Vermittler. Die Anbieter würden gerne die altenSpielregeln beibehalten
VON Patrick Hagen
So mancher Erstversicherungsmakler schielt zurzeit sehnsüchtig auf die Zahlen seiner Kollegen im Rückversicherungsgeschäft. Während die Vermittlung von Versicherungsschutz für Industrie- und Gewerbekunden unter starkem Druck steht, erwarten die Rückversicherungsmakler für ihr Geschäft weiteres Wachstum. „Der Trend wird sich verstärken, dass Makler in der Rückversicherung eingeschaltet werden“, sagt Jan-Oliver Thofern. Er ist Deutschlandchef von Aon Benfield, dem weltweit größten Rückversicherungsmakler.
Auch Aons Erzrivale Guy Carpenter äußert die Ansicht, dass die Bedeutung der Makler steigen wird. Guy Carpenter gehört zum Maklerkonzern Marsh McLennan. „Wir gehen davon aus, dass der Marktanteil der Makler kräftig wachsen wird“, sagt Deutschlandchef Wilfried Müller. „Das liegt auch daran, dass die Erstversicherer zunehmend Dienstleistungen in Anspruch nehmen, die der Makler anbietet.“ Dazu gehört die Modellierung von Naturkatastrophenrisiken, für die gerade deutsche Versicherer hohen Bedarf haben.
In Deutschland sind Makler im Geschäft zwischen Rückversicherern und ihren Kunden bislang meist außen vor. Es dominiert der direkte Vertragsabschluss. „Deutschland hinkt etwas hinterher, weltweit sind die Marktanteile der Makler deutlich höher“, sagt Thofern.
Global werden laut Aon Benfield 60 Prozent der rund 150 Mrd. Dollar Rückversicherungsprämie über Makler vermittelt. In Deutschland liege der Makleranteil bei rund 13 Prozent, bezogen auf die rund 4 Mrd. Euro Rückversicherungsprämie, die tatsächlich auf dem Markt sind und nicht konzernintern weitergereicht werden. Auch international dominierte bis vor fünf Jahren das Direktgeschäft, sagt Thofern.
Die untergeordnete Rolle der Makler in Deutschland hat historische Gründe. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten die Alliierten den Kapitaltransfer ins Ausland erschwert. Die Versicherungsgesellschaften hatten aber einen hohen Bedarf an Rückversicherung. Davon profitierten einheimische Anbieter.
Die Maklerbranche ist von Konzentration geprägt. Klarer Marktführer ist Aon Benfield. Vor zwei Jahren hatte die Gruppe den damaligen Dritten Benfield übernommen. Nummer zwei ist Guy Carpenter.
„In den vergangenen drei Jahren haben wir in Deutschland unseren Marktanteil deutlich gesteigert“, sagt Aon-Mann Thofern. Die Gründe sieht er in einem steigendem Bedürfnis der Erstversicherer nach Diversifizierung: „Die Zeiten, in denen Gesellschaften nur mit einem oder zwei Rückversicherern zusammenarbeiten, werden bald zu Ende sein.“ Dazu tragen verschärfte Anforderungen an das Risikomanagement bei.
Außerdem könnte die Einführung der neuen EU-Eigenkapitalrichtlinien Solvency II den Maklern indirekt helfen, neues Geschäft zu gewinnen. „Viele Erstversicherer haben ausreichend Kapital, einige müssen aber Risiken reduzieren oder die Kapitalbasis stärken“, sagt er. Auch der Einsatz von Rückversicherung schont die Eigenmittel. Außerdem ist er billiger als die Erhöhung des Eigenkapitals oder die Ausgabe von nachrangigen Anleihen. Deshalb erwartet die Branche, dass die Nachfrage nach Rückversicherung steigen wird. Das gelte besonders für Deckungen gegen Naturkatastrophenschäden, sagt Thofern. Das sei das Kerngeschäft der Makler.
Die Rückversicherer wiegeln allerdings ab: „Deutschland ist sowohl vom Einkäufermarkt als auch von der Rückversicherungsseite her ein auf Kontinuität ausgerichteter Markt“, sagt Michael Pickel, Vorstandsmitglied bei der Hannover Rück. „Insofern sind wesentliche Verschiebungen nicht zu erwarten.“
Der zweitgrößte Rückversicherer Swiss Re sieht zwar einen zunehmenden Einfluss der Makler, insbesondere im Katastrophengeschäft. Der Direktabschluss werde in Deutschland aber dominierend bleiben, sagt Manager Beat Strebel. Für den Kunden gebe es kaum einen Grund, einen Makler einzuschalten, sagt Pickel. Da Courtage für den Makler fällig wird, würden sich auch die Konditionen nicht verbessern. Dem widerspricht Thofern. „Die Prämie wird regelmäßig eher günstiger für den Kunden, auf jeden Fall nicht teurer“, sagt er. Der Makler sorge für mehr Wettbewerb.
Pickel empfiehlt den Vermittlern, nicht zu sehr auf das Thema Diversifizierung zu setzen. „Ein übliches Rückversicherungsprogramm besteht schon aus drei bis vier Rückversicherern“, sagt er. Makler würden vor allen wegen Serviceleistungen herangezogen. „Sie sollten sich mehr auf das Consulting verlegen.“
Quelle: Financial Times Deutschland
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