Assekuranz schreibt rote Zahlen // Hausbesitzer müssen im Schadenfall mit höheren Beiträgen oder gar der Kündigung rechnen
Mit einem heftigen Preiskrieg haben sich die Anbieter von Wohngebäudeversicherungen über Jahre in tiefrote Zahlen manövriert. Dafür müssen jetzt Immobilienbesitzer büßen, die Schäden melden. Ihnen drohen höhere Preise. Und Kunden mit mehreren Schäden müssen sogar mit dem Verlust ihres Versicherungsschutzes rechnen.
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) erwartet für das Jahr 2010 im Branchenschnitt eine Schaden-Kosten-Quote von 112 Prozent. Das heißt, die Anbieter legen zu jedem eingenommenen Prämien-Euro 12 Cent drauf – wenn man die Erträge aus Kapitalanlagen außer Acht lässt. „Wir gehen davon aus, dass sich das Schadengeschehen niederschlagen wird und die Preise moderat steigen werden“, sagt Robert Pohlhausen, Vorsitzender des Fachausschusses im GDV.
Stürme und andere extreme Wetterereignisse treiben die Schadenszahlungen hoch. Auch der große Altbaubestand in Deutschland macht der Assekuranz zu schaffen, denn alte Rohre gehen eher kaputt als neue. Die Probleme der Versicherer sind aber auch hausgemacht, sagt Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten. Ähnlich wie in der Kfz-Versicherung liefern sie sich seit Jahren einen heftigen Wettbewerb, nicht nur über den Preis „Die Versicherer haben die Bedingungen erheblich verbessert“, sagt Rudnik. Hohe Schäden konnten die Versicherer lange über Kapitalerträge ausgleichen. „Jetzt sind die Reserven aufgebraucht.“
Marktführer SV-Versicherung wird für 130 000 Verträge zum 1. Januar 2011 die Prämien um durchschnittlich 18 Prozent anheben. Bei mehr als der Hälfte der 2,2 Millionen Verträge hat der Versicherer die Preise allerdings schon 2009 erhöht. Ob die Branche dem Marktführer folgt, ist ungewiss.
Denn Preiserhöhungen durchzusetzen ist für die Versicherer schwer. Der Wettbewerb ist nach wie vor groß. Eigentümer, die keine Schäden haben, sehen nicht ein, höhere Prämien zu zahlen, und werden im Zweifelsfall den Anbieter wechseln. Das wissen auch die Versicherer. Sie suchen deshalb nach anderen Wegen, um aus den roten Zahlen zu kommen. „Sie sanieren radikal ihre Bestände“, berichtet Rudnik. Wer zwei oder drei Schäden binnen kurzer Zeit meldet, bekommt die Kündigung. Bei manchen Gesellschaften reicht auch ein Schaden. „Es gibt keine Annahmepflicht für die Versicherer“, sagt Rudnik. Wem der Anbieter den Laufpass gegeben hat, der hat enorme Probleme, eine neue Police zu bekommen.
Rudnik rät Hauseigentümern, nach einer Kündigung trotz des Ärgers das Gespräch mit dem Versicherer zu suchen. Denn der ist eher bereit als ein anderer, den Eigentümer doch noch zu nehmen. „Kunden können ihm anbieten, eine hohe Eigenbeteiligung zu übernehmen oder bestimmte Sanierungsmaßnahmen am Haus vorzunehmen“, empfiehlt Rudnik.
Wer sich über eine ungerechtfertigte Preissteigerung ärgert und kündigen will, sollte Angebote sorgfältig vergleichen. Das gilt vor allem für die Bedingungen bei Schäden durch kaputte Leitungen, etwa defekte Abwasserrohre. Bis 2002 waren in den Musterbedingungen des GDV Schäden aus Rohren mit abfließendem Wasser gedeckt, seitdem sind sie das nicht mehr automatisch. Verschiedene Tarife eines Anbieters können sich gerade an diesem Punkt sehr unterscheiden.
Und an noch etwas sollten Immobilienbesitzer denken: beim Abschluss einer Gebäudeversicherung die Deckung von Gutachterkosten im Schadensfall zu vereinbaren. Bei einem bestehenden Vertrag können sie versuchen, den Zusatz nachträglich aufzunehmen. „Der Prämienaufschlag ist gering, die Kosten im Schadenfall sind aber hoch“, sagt der Versicherungsrechtler Jens Tietgens. Streiten sich Versicherer und Kunde nach einem Schaden, ist oft ein Gutachter nötig – und der kostet schnell einige Tausend Euro. „Die zahlt nicht die Rechtsschutzversicherung“, sagt der Anwalt.
Anja Krüger
Quelle: Financial Times Deutschland
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