InterviewW&W-Vorstand Jan Martin Wicke, Leiter des Ausschusses Risiko desGesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft, kritisiert die Politik
FTD Herr Wicke, Sie verlangen eine Änderung der Zinsstrukturkurve, die unter Solvency II verwendet wird. Warum? Wicke Nach dem jetzigen Stand sollen wir bei lang laufenden Lebens- und Rentenversicherungen mit Zinsannahmen rechnen, die unrealistisch sind. Die Annahmen über die Zinsen in 20 oder 50 Jahren beruhen auf Preisen an Märkten, die nicht über ein angemessenes Volumen verfügen. Es ist besser, die Zinsstrukturkurve in den langen Laufzeiten über ein hierzu passendes Modell abzubilden.
FTD Welche Folgen hätte die Verwendung der jetzt vorliegenden Zinsstrukturkurve? Wicke Wenn wir einem 30-jährigen Mann eine monatliche Rente von 500 Euro ab dem 65. Lebensjahr zusagen, müssten wir dafür unter Solvency II rund 20 000 Euro zurückstellen. Dazu kommen noch 4500 Euro Eigenmittelbindung. Ein Industriebetrieb, der eine betriebliche Altersversorgung in gleicher Höhe zusagt, benötigt nur zwischen 8000 Euro und 11 000 Euro Rückstellungen in seiner Bilanz und muss speziell für diese Risiken kein gesondertes Eigenkapital vorhalten. Ich gehe aber davon aus, dass wir hier noch eine Änderung sehen. Es kann nicht das Ziel der Politik sein, die unregulierte Altersvorsorge zulasten der regulierten zu fördern.
FTD Was wollen die deutschen Versicherungsunternehmen darüber hinaus noch geändert sehen? Wicke Die Komplexität des Solvency-II-Systems muss deutlich reduziert werden. Dies erleichtert den Einsatz dieser Modelle in der Steuerung. Wir und auch die Aufseher benötigen angemessene Übergangsfristen, wie die Banken bei den Basel-III-Eigenkapitalregeln. Außerdem darf es keine Pflicht zur vierteljährlichen Berichterstattung geben, das überfordert kleine Anbieter. Interview: Herbert Fromme
Quelle: Financial Times Deutschland
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