Aufseher nimmt private Krankenversicherer mit zu hohen Abschlussvergütungenfür Vermittler ins Visier
Die Finanzaufsicht BaFin will bei privaten Krankenversicherern Sonderprüfungen durchführen, wenn sie Anhaltspunkte für ausufernde Provisionszahlungen findet. Das kündigte die Behörde am Donnerstag in einem Rundschreiben an. Nach ihrer Ansicht handelt es sich um Wucher, wenn Einmalprovisionen für Vermittler neun Monatsbeiträge übersteigen.
Für den Verkauf einer Police erhalten Vermittler eine Vergütung, deren Höhe sich an der vom Kunden zu zahlenden Monatsprämie orientiert. Laut Versicherungsaufsehern sind die Kosten für den Abschluss einer privaten Krankenversicherung zwischen 1999 und 2009 von durchschnittlich 7,5 auf 8,9 Monatsbeiträge gestiegen. „Einmalprovisionen über dem Schnitt sind aufsichtsrechtlich unerwünscht“, sagte eine Sprecherin der BaFin.
Exorbitante Abschlussvergütungen sorgen in der Branche schon lange für Ärger. In der privaten Krankenversicherung herrscht ein erbitterter Wettbewerb. Die Zahl der potenziellen Neukunden ist wegen gesetzlicher Bestimmungen stark begrenzt, auch wenn die Bundesregierung die Wechselmöglichkeit in die private Krankenversicherung erleichtert hat. Einige Versicherer versuchen Vermittler mit extrem hohen Provisionszahlungen dazu zu bringen, neue Verträge bei ihnen abzuschließen. Aufgrund dieser starken Anreize werben Verkäufer Kunden immer häufiger von anderen Versicherern ab.
Früher waren Zahlungen in Höhe von zwölf Monatsbeiträgen die Spitze, heute sind 14 Monatsprämien und mehr zuzüglich diverser Zuschüsse für IT oder Marketing nicht selten. Im laufenden Quartal legen manche Versicherer sogar noch drei Monatsbeiträge Provision obendrauf, wenn Vermittler gut verdienende Arbeitnehmer gewinnen.
Die Branche selbst kann das Problem mit einheitlichen Vereinbarungen wie einer Höchstgrenze für Provisionen nicht lösen, weil sie damit das Kartellamt auf den Plan rufen würde. Vor Kurzem haben sich Branchenvertreter deshalb an die BaFin gewandt. Sie wollten, dass die Aufsicht auf dem Verordnungsweg den extensiven Abwerbungen durch eine Deckelung der Provisionen oder den Rückforderungen von Vergütungen bei der frühen Kündigung eines Vertrags Einhalt gebietet. Der Behörde fehlen allerdings die gesetzlichen Grundlagen, um auf dem Verordnungsweg eine Begrenzung der Vergütung oder eine Mindeststornohaftung festzulegen
Deshalb gibt die Aufsicht jetzt einen deutlichen Warnschuss ab. Fällt ein Versicherer bei der regulären Kontrolle der Aufseher, durch Presseberichte oder durch anonyme Anzeigen auf, droht eine Sonderprüfung. Die Vorstände hätten dafür Sorge zu tragen, dass „die Abschlusskosten einen angemessenen Rahmen nicht überschreiten“, heißt es in dem Rundschreiben. Die Manager würden dieser Verantwortung nicht gerecht, „wenn sie mit Vermittlern und Maklern zusammenarbeiten, die offensichtlich aus Profitstreben die Qualität der Beratung vernachlässigen“. Die BaFin dringt auch darauf, dass die Gesellschaften bei frühzeitiger Vertragsstornierung eine Rückforderung der Provision „in ausreichender Höhe“ vereinbaren.
Kunden haben kaum eine Chance, Provisionswucher zu entdecken. Zwar bekommen sie beim Abschluss ein Informationsblatt, das die Abschlusskosten aufführt – aber nur die kalkulierten. Die tatsächlich fließende Provision kann deutlich darüber liegen.
Leitartikel: Seite 31,
Anja Krüger
Quelle: Financial Times Deutschland
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