Naturkatastrophen sorgten 2010 für außergewöhnlich viele Todesopfer und hohewirtschaftliche Belastungen. Doch der Aufwand für die Assekuranz istüberschaubar – die schlimmsten Desaster waren kaum gedeckt
Herbert Fromme , Köln
2010 ist für die Einwohner der von Katastrophen heimgesuchten Regionen ein besonders bitteres Jahr gewesen: Zwar lag die Zahl der Schadensereignisse mit 950 nur leicht über den 900 des Vorjahres. Die Zahl der Todesopfer stieg aber von 11 000 auf 295 000, wie die Munich Re jetzt errechnet hat.
Auch die wirtschaftlichen Folgen waren dramatisch. Der weltgrößte Rückversicherer ermittelte für 2009 nur 60 Mrd. Dollar volkswirtschaftliche Schäden, 2010 waren es dagegen 130 Mrd. Dollar – das lag auch deutlich über dem Zehnjahresdurchschnitt 2000 bis 2010 in Höhe von 110 Mrd. Dollar. Dabei sind die Folgen der Fluten in Australien nicht einmal eingerechnet – Zahlen dazu liegen noch nicht vor.
Rückversicherer decken Erstversicherer – die direkt mit Endkunden Geschäfte machen – gegen Katastrophenfolgen ab. Munich Re argumentiert seit Jahren, die steigende Katastrophenbelastung sei auch eine Folge des globalen Klimawandels und erfordere entsprechend höhere Prämien. „Allerdings spielen sozioökonomische Faktoren wie höhere Werte und dichtere Bebauung der Küstenregionen eine große Rolle“, sagte Ernst Rauch, Chef der Klimaforschung des Rückversicherers. Einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Klimawandel und Schadenanstieg könne man nicht herstellen, auch wenn es dafür in einigen Regionen starke Indizien gebe.
Dennoch fordert Munich Re, der Klimawandel müsse in die Preise für Katastrophendeckungen einbezogen werden. Man könne nicht wie bisher nur mit Schadenerfahrungen der Vergangenheit kalkulieren. Manche Kunden sehen die Vorhersagen über Katastrophenschäden deshalb mit Skepsis und schreiben sie vor allem der Absicht der Rückversicherer zu, höhere Preise zu erzielen. In den vergangenen Jahren waren die Bemühungen allerdings erfolglos: Die Branche konnte die Prämien für Katastrophendeckungen nicht wie geplant anheben.
Profitabel ist diese Sparte ohnehin, denn die versicherten Schäden steigen bei Weitem nicht so stark an wie die volkswirtschaftlichen. Die Assekuranz notierte für 2010 eine eigene Belastung von 37 Mrd. Dollar. Das ist zwar deutlich mehr als die 22 Mrd. Dollar des Vorjahres, liegt aber nur knapp über dem Zehnjahresschnitt von 35 Mrd. Dollar.
Beispiel Haiti: Das Erdbeben am 12. Januar 2010 kostete 222 570 Menschen das Leben und richtete einen Schaden von 8 Mrd. Dollar an. Versichert waren davon aber nur 200 Mio. Dollar. Noch deutlicher fiel die Bilanz in Pakistan aus: Die Flutkatastrophe von Juli bis September forderte 1760 Todesopfer und richtete 9,5 Mrd. Dollar wirtschaftliche Schäden an, versichert waren nur 25 Mio. Dollar. Die Waldbrände in Russland von Juli bis September 2010 kosteten 56 000 Menschenleben, errechneten die Statistiker in München.
Hurrikans schlugen im vergangenen Jahr dagegen kaum zu Buche, weil die schweren Stürme sich über dem Meer austobten und nicht die US-Küste erreichten. Die teuerste Katastrophe aus Sicht der Assekuranz war das Erdbeben in Chile am 27. Februar. Weil das Land rigide Vorschriften für erdbebensichere Bauten hat, starben nur 520 Menschen. Der Gesamtschaden in dem relativ weit entwickelten Land betrug allerdings 30 Mrd. Dollar, davon waren 8 Mrd. Dollar versichert.
Quelle: Financial Times Deutschland
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