Drückerberger

Ex-AWD-Chef Carsten Maschmeyer will mit allen Mitteln die Ausstrahlung einerARD-Dokumentation über ihn verhindern. Dabei enthält der Film nichts sonderlichErhellendes

Herbert Fromme , Hamburg

Viel Mühe hat man sich gegeben, hat die deutsche Wirtschafts- und Politprominenz mehr oder minder freiwillig vor die Kameras geholt. Wer heute um 21:45 Uhr die ARD einschaltet, erlebt: den Ex-Wirtschaftsweisen Bert Rürup, Christian Wulff, Gerhard Schröder, Walter Riester und Kristina Schröder. Sie alle sollen Auskunft geben über Carsten Maschmeyer, Gründer und langjähriger Chef des Finanzvertriebs AWD, Lebensgefährte der Schauspielerin Veronica Ferres.

„Der Drückerkönig und die Politik. Die schillernde Karriere des Carsten Maschmeyer“, hat der NDR den Film angekündigt. Die Redaktion hat Menschen aufgespürt, denen AWD-Vertreter in den 90er-Jahren geschlossene Fonds verkauft hatten, einige davon zu 100 Prozent kreditfinanziert. Sie verloren sehr viel Geld, Verbraucherschützer kritisieren die Vertriebsmethoden. Das Schicksal der AWD-Opfer wird Maschmeyers Ruf als Wohltäter („1,4 Mio. Euro für ,Ein Herz für Kinder`“) und seiner Beliebtheit bei Politikern gegenübergestellt.

Neues aber erfährt man in den 30 Minuten nicht. Bundespräsident Wulff bekennt sich zu der Freundschaft, die ihn im vergangenen Jahr auch in Maschmeyers Ferienhaus auf Mallorca führte. Familienministerin Schröder begreift sehr spät, warum der NDR sie interviewen will (sie holte sich für ihr Konzept zur Pflegezeit Rat bei Maschmeyers heutigem Geschäftspartner Rürup), Ex-Arbeitsminister Riester verliert die Contentance. Maschmeyer selbst gibt kein Interview.

Wo er schweigt, wird sein Anwalt Matthias Prinz umso lauter. Er hat 61-seitige Briefe an die Intendanten aller ARD-Anstalten geschickt, beklagt mangelnde journalistische Sorgfalt und warnt vor Konsequenzen. Die ARD will trotzdem senden. Wegen eines früheren Beitrags über Maschmeyer im NDR-Regionalprogramm begegnet man einander derzeit ohnehin vor Gericht.

Unklar ist, warum sich der heute 51-Jährige, spätestens seit dem Verkauf von AWD an den Schweizer Versicherer Swiss Life ein sehr reicher Mann, auf eine Schlacht einlässt, die er nicht gewinnen kann. Schließlich hat er in seinem Berufsleben schon ganz andere Kritik eingesteckt. Nach der Gründung von AWD 1988 war Maschmeyer jahrelang der Aussätzige von der unbeliebten Drückerkolonne. Damals wollten selbst die Chefs jener Versicherer ungern mit ihm gesehen werden, deren Policen er verkaufte. Heute ist der Bundespräsident sein Freund.

Quelle: Financial Times Deutschland

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