Kopf des Tages Gabriele HahnVom Fach ist die neue Chefaufseherin derVersicherer nicht. Im alten Job in der Steuerverwaltung hat sie aber gelernt,selbstbewusst mit Konzernen umzugehen
Herbert Fromme , Frankfurt
Für Gabriele Hahn beginnt 2011 gänzlich ungewohnt. Beim Neujahrsempfang der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wird die künftige Chefin der Versicherungsaufsicht ständig von Journalisten umringt, muss Auskunft über sich und ihre Meinung zum neuen Job geben. Die Aufmerksamkeit stört die zierliche Frau nicht, mit freundlichem Lächeln steht sie Rede und Antwort.
Bislang stand Hahn an der Spitze des Bundeszentralamts für Steuern – und deutlich weniger im Rampenlicht. Das Amt ist mit 1200 Mitarbeitern und 200 Anwärtern zwar eine bedeutende Behörde, aber in der öffentlichen Wahrnehmung spielt es keine große Rolle.
Das ist bei Hahns neuem Job ganz anders. Die 56-Jährige verantwortet als Exekutivdirektorin die Versicherungsaufsicht. Sie trägt die Verantwortung dafür, dass die Branche stabil bleibt und die immer komplexeren Anforderungen von EU und deutschem Gesetzgeber korrekt umsetzt.
Sie ist keine Versicherungsfachfrau – stört sich daran aber nicht. Schließlich war auch ihr hochgelobter Vorgänger Thomas Steffen, den Finanzminister Wolfgang Schäuble als Chef seiner Europaabteilung nach Berlin holte, zu Beginn branchenfremd. „Ich habe eigentlich immer wieder etwas Neues gemacht“, sagt Hahn.
Die Juristin, in Hürth bei Köln geboren, geht nach dem Studium 1984 in die nordrhein-westfälische Finanzverwaltung. Dort lernt sie das Steuerrecht gründlich kennen, zeitweise ist sie auch Gleichstellungsbeauftragte. Referentin, Referatsleiterin, 1991 folgt ein Jahr Aufbauhilfe in Thüringen. Dann der Wechsel in das Bundesfinanzministerium, 1995 und 1996 als persönliche Referentin zweier parlamentarischer Staatssekretäre. Die Anforderungen des Politikbetriebs sind Hahn also nicht fremd. Nach dem Umzug großer Teile des Finanzministeriums nach Berlin zieht es Hahn zurück ins Rheinland – schließlich lebt ihre Familie in Bonn. Hier ist weiterhin der Lebensmittelpunkt, steht das Motorrad in der Garage, eine Yamaha mit 1000 Kubik. Auch ihre Vorliebe für Jazz kann sie hier ausleben.
Ende 2000 geht sie als Vizepräsidentin zum damaligen Bonner Bundesamt für Finanzen. Als die Behörde zu groß und der Aufgabenbereich zu unübersichtlich wird, beschließt die Bundesregierung, sie zu teilen – die energische Hahn baut das neue Bundeszentralamt für Steuern mit auf und wird 2008 Präsidentin.
Angst vor Großunternehmen hat Hahn nicht, schließlich war ihre Behörde dort für die Steuerprüfungen zuständig. „Da ist die Atmosphäre eigentlich immer sehr sachlich, die Firmen haben schließlich auch ein Interesse daran, dass offene Steuerfragen schnell geklärt werden“, sagt sie.
Diese Selbstsicherheit kann sie im neuen Job gut gebrauchen. Hahn muss in den kommenden zwei Jahren die umstrittenen neuen EU-Vorschriften Solvency II umsetzen und die Position ihrer Behörde gegenüber der neuen europäischen Aufsicht EIOPA bestimmen. Und zu allem Überfluss hat sie es mit einer Branche zu tun, die durch niedrige Zinsen auf ihre Milliardenanlagen und Forderungen von Verbraucherschützern derzeit tief verunsichert ist.
Quelle: Financial Times Deutschland
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