Versicherer locken Eltern und Großeltern mit speziellen Angeboten für denNachwuchs. Die meisten sind nicht empfehlenswert
Zum ersten Geburtstag wollte Werner Mittendorf seinem Enkel Max (Namen geändert) etwas Gutes tun. Nicht Bauklötze oder Spielzeugautos sollten auf dem Gabentisch liegen, sondern etwas für die Zukunft. Der pensionierte Bankkaufmann unterschrieb eine Rentenversicherung der R+V mit 20 Jahren Laufzeit. Wenn das Kind einmal studieren will, soll es auf ein finanzielles Polster zurückgreifen können, dachte sich der Großvater.
Viele Eltern und Großeltern sind besorgt um die finanzielle Zukunft ihres Nachwuchses. Ein Auslandsaufenthalt, das Studium, ein neues Auto können schnell ins Geld gehen – wer soll das bezahlen? Diese Sorgen wissen Versicherer zu nutzen. Sie haben spezielle Rentenpolicen für Kinder entwickelt und locken mit fröhlichen Comichelden wie Tabaluga, Biene Maja oder Fix und Foxi. Die Botschaft: Wem an der finanziellen Sicherheit der Sprösslinge gelegen ist, der sollte frühzeitig anfangen zu sparen.
Die Idee klingt gut und ist – vom Ansatz her – so falsch nicht: Großeltern oder Eltern schließen für den Nachwuchs einen Vertrag ab und zahlen monatlich einen festen Betrag ein. Nach einer gewissen Zeit, oft bei Volljährigkeit, kann sich das Kind das angesparte Geld entweder auszahlen lassen oder die Rentenversicherung selbst weiterführen. Stirbt der Zahler vor Ende der Laufzeit, übernimmt der Versicherer die Prämien. „Das macht unsere Police für Kunden so attraktiv“, sagt ein Allianz-Sprecher. „Ein weiterer Vorteil ist, dass Eltern oder Großeltern ohne Probleme Geld aus dem Vertrag entnehmen können, wenn eine teure Anschaffung ansteht.“ Das Problem: Viele dieser Verträge kombinieren eine Rentenversicherung mit anderen Policen. Bei der Nürnberger Biene-Maja-Versicherung etwa können Kunden wählen, ob sie eine Schul- und Berufsunfähigkeitsversicherung, eine Pflegepolice oder eine Krankenzusatzversicherung mit dazu erwerben möchten. Bei der „Enkel Police“ der Allianz sind Kranken- und Unfallversicherung Bestandteil der Rentenversicherung.
Verbraucherschützer kritisieren die Verbindung von Sparen und Versichern. „Die Angehörigen möchten ja vor allem Geld für ihr Kind zurücklegen und weniger eine Versicherung abschließen“, sagt Gabriele Zeugner von der Verbraucherzentrale Bremen. Angespart werde jedoch in den ersten Jahren kaum etwas. „Vor allem Abschluss- und Verwaltungskosten für die Police schlagen zu Buche und mindern die Rendite ganz gewaltig.“
Für Enkel Max will Opa Mittendorf über 20 Jahre monatlich 50 Euro in den Vertrag einzahlen, also insgesamt 12 000 Euro. Wenn Max sich das Geld auf einmal auszahlen lassen möchte, sind ihm laut Schreiben seiner Versicherung 13 255 Euro garantiert. Angesichts der langen Laufzeit ist das eine äußerst geringe Rendite.
Beim Biene-Maja-Junior-Schutzbrief der Nürnberger können Eltern oder Großeltern einen Beitragserhalt zukaufen. Das kostet aber extra. Bei der Allianz gibt es überhaupt keine Garantie. Wenn es schlimm kommt, haben Kunden also Tausende Euro eingezahlt, und der Nachwuchs sieht von dem Geld nichts.
Vorsicht ist bei den Berechnungen in den Werbeprospekten der Anbieter geboten. In den Broschüren rechnen die Versicherer teilweise mit bis zu zehn Prozent Gewinn und werben damit, dass das Kind bei Rentenantritt schon Millionär ist. Wer jedoch ins Kleingedruckte schaut, kann lesen, dass es sich um Beispielrechnungen ohne Garantie handelt.
Ein weiteres Problem der Kinderrenten sind die langen Laufzeiten. Einige Policen laufen bis weit über die Volljährigkeit des Kindes hinaus. Das führt einerseits zu horrenden Abschlusskosten. Andererseits können auch die weitsichtigsten Großeltern nicht ahnen, wie die Welt in 40 Jahren aussieht. Möglicherweise hat das Kind überhaupt keine Lust oder kein Geld, die Rentenversicherung zu bedienen. Und wer die Police kündigt, dem drohen hohe Verluste. Besser sei es bei Geldmangel, den Vertrag beitragsfrei zu stellen, raten Verbraucherschützer.
Wer Geld für sein Kind zurücklegen will, sollte das nicht über eine Versicherungspolice machen, sagt Bianca Boss vom Bund der Versicherten. Alternativen könnten je nach Risikofreude ein Tagesgeldkonto, ein Bundesschatzbrief oder auch ein Fonds sein.
Anne-Christin Gröger
Quelle: Financial Times Deutschland
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