Verwaltungsräte verlangen Sondersitzung des Gremiums // Präsident Geronzi undVorstand Perissinotto uneinig
André Tauber, Mailand,
und Herbert Fromme, Köln
Der Konflikt in der Führung des italienischen Versicherungskonzerns Generali spitzt sich zu. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Ansa haben mindestens sieben Verwaltungsratsmitglieder ein außerordentliches Treffen des Gremiums gefordert. Dem muss Generali folgen. Zu diesen Verwaltungsräten zählt laut Ansa auch Reinfried Pohl, Chef des deutschen Finanzvertriebs DVAG.
Die Auseinandersetzung wird mit großer Aufmerksamkeit auch von der italienischen Regierung beobachtet. Schließlich ist Generali einer der größten Investoren in italienischen Staatsanleihen.
Das Unternehmen streitet schon seit Wochen über die Rolle und die Aufgaben, die das Management unter Vorstandschef Giovanni Perissinotto auf der einen Seite und Präsident Cesare Geronzi auf der anderen haben. Kritiker wie der Unternehmer Diego Della Valle werfen dem machtbewussten Geronzi vor, seinen Einfluss schleichend auszuweiten und das Management schwächen zu wollen.
Erst Ende Februar hatte der Verwaltungsrat umstrittene Äußerungen Geronzis in einem Interview mit der Financial Times zum Anlass genommen, die Kompetenzen des Präsidenten zu beschneiden. Damals hatte Geronzi Investitionen in italienische Infrastrukturprojekte angekündigt, darunter die Brücke von Messina zwischen Sizilien und dem Festland. Das ist eines der Lieblingsprojekte von Premierminister Silvio Berlusconi.
In den vergangenen Jahrzehnten hatte die Generali einen erfolgreichen internationalen Expansionskurs verfolgt. „Geronzi plant, den Fokus auch bei der Investitionspolitik wieder mehr auf den Heimatmarkt zu legen“ , sagte ein Experte. Dabei könnte ihm Perissinotto im Weg sein. Generali ist einer der drei größten Versicherungskonzerne Europas und verfügt über Kapitalanlagen von 400 Mrd. Euro.
Am 30. April tritt die Hauptversammlung in Triest zusammen. Unter den Kleinaktionären gibt es viele, die Geronzi kritisch sehen. Der 76-jährige frühere Präsident von Mediobanca und Capitalia, der seit April 2010 in Triest im Amt ist, wurde immerhin in zwei Fällen in unteren Instanzen des Betrugs für schuldig befunden. Die letztinstanzlichen Urteile stehen noch aus.
Der aktuelle Streit spielte auch schon bei einer Sitzung des Verwaltungsrats vor zwei Wochen eine große Rolle. Der französische Investor Vincent Bolloré – der in dem Gremium Geronzis frühere Machtbasis Mediobanca vertritt – hatte auf dieser Sitzung Perissinotto scharf angegriffen. Er forderte ihn auf, die möglichen Milliardenrisiken eines Joint Venture mit dem tschechischen Unternehmer Petr Kellner in die Bilanz aufzunehmen. Kellner hatte seine Unternehmen in das Joint Venture eingebracht und damit der Generali den Zugang nach Osteuropa erleichtert.
Dass Bolloré die Klarstellung verlangte, gilt als klare Attacke auf Perissinotto – und seine Internationalisierungsstrategie. Immerhin war das Gemeinschaftsunternehmen bereits 2007 nach einstimmigem Beschluss des Generali-Verwaltungsrats geschlossen worden. Perissinotto suchte gegen die Attacken die Unterstützung seines Präsidenten, bekam darauf aber die Antwort Geronzis, er wolle sich nicht in den Streit einmischen. Die mangelnde Hilfe dürfte zu einer schweren Vertrauenskrise zwischen den beiden geführt haben. Er sei „perplex“ angesichts der Gleichgültigkeit Geronzis, zitiert „Il Sole 24 Ore“ aus einem Schreiben Perissinottos.
Quelle: Financial Times Deutschland
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