Der zum ersten Mal vergebene Service-Innovationspreis prämiert Versicherer,die neue Wege gehen
Die Assekuranz steht nicht unbedingt für Innovationsfreude. Der von der Kölner Agentur Servicerating ins Leben gerufene Wettbewerb Service-Innovationspreis 2011 zeigt jedoch: Es geht auch anders. Mit dem zum ersten Mal vergebenen Preis werden Unternehmen für herausragende neue Konzepte ausgezeichnet.
Insgesamt 21 Wettbewerbsbeiträge begutachtete die fünfköpfige Expertenjury. Begeisterung erntete vor allem der Teilnahmebeitrag eines Berliner Unternehmens, das erst seit Anfang dieses Jahres am Markt ist. Das Gründerteam will mit Friendsurance Jüngere für Versicherungen begeistern – mit einer Idee, die soziale Netzwerke und das Internet in den Mittelpunkt stellt. Die Überlegung, die Friendsurance zugrunde liegt: Man nutzt sein eigenes Freundschaftsnetz, um sich gegenseitig abzusichern. In kleineren Schadensfällen zahlen die Freunde. So muss für die Beule am Auto kein Versicherer mehr aufkommen. Der Vorteil dabei: Friendsurance-Nutzer müssen für ihren Schutz bis zu 70 Prozent weniger zahlen, haben die Initiatoren berechnet. Der monatliche Beitrag für die Versicherung ist umso günstiger, je mehr Personen sich beteiligen. Interessierte können bisher über Friendsurance eine Hausrat-, Haftpflicht- oder Rechtsschutzversicherung abschließen. Angeboten werden die Verträge von herkömmlichen Versicherern, die sich auf die ungewöhnliche Idee eingelassen haben. Darunter sind die Haftpflichtkasse Darmstadt und die Bayerische Beamten Versicherung.
„Friendsurance erneuert den althergebrachten Ansatz des Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit und ist gleichzeitig zeitgeistig-modern“, sagt Jurymitglied Dieter Bick von der Vereinigung der Versicherungs-Betriebswirte. Das Konzept ist derart aus dem Rahmen gefallen, dass für die Prämierung ein Sonderpreis geschaffen wurde – für Vernetzung. Trotz der Begeisterung äußerte die Jury Zweifel an der Erfolgsträchtigkeit der Idee. Tatsächlich will sich Friendsurance zur Zahl der Vertragsabschlüsse nicht äußern. Einziger Kommentar: „Es entwickelt sich positiv.“
Bereits lange am Markt etabliert ist die HUK-Coburg. Sie reichte als Wettbewerbsbeitrag einen Hausratstarif ein, der in einer modernen und verständlichen Sprache formuliert ist, eine echte Seltenheit in der Branche. Unter der Federführung des ehemaligen Versicherungsombudsmanns Wolfgang Römer wurde das Produktinformationsblatt von vier auf zwei Seiten gekürzt. Geradezu revolutionär ist eine weitere Maßnahme: Der Verzicht im Vertragswerk auf die übliche Dreiteilung in allgemeine und besondere Bedingungen sowie Klauseln. „Die HUK-Coburg hat im Interesse der gesamten Branche gehandelt und bei dem wichtigen Thema Transparenz eine Marke gesetzt“, sagt Juror Oliver Gaedeke von der Agentur Servicerating, dem Preisstifter. Mit dem Beitrag sicherten sich die Coburger in der Kategorie Kundenservice/Informieren und Beraten den ersten Platz, trotz der Skepsis von Jurymitglied Matthias Beenken, Versicherungsjournalist und Dozent am Kölner Institut für Versicherungswesen. Seine Ansicht: „Lockere, moderne Sprache kann auch verschleiern. Das birgt durchaus eine Gefahr in sich.“
In der Kategorie Informieren und Beraten konnten darüber hinaus Cosmosdirekt und die Hannoversche Leben punkten. Direktversicherer Cosmosdirekt bietet im Bereich der Altersvorsorge das sogenannte Co-Browsing an. Dabei können sich Kunde und Berater im Onlineportal des Versicherers treffen und gleichzeitig telefonisch Kontakt halten. Beide Seiten betrachten die gleichen Webinhalte. Kunden können auf diese Weise Fragen Schritt für Schritt telefonisch klären. Ähnliches leistet auch der Wettbewerbsbeitrag der Hannoverschen Leben, der auf dem dritten Platz landete. Mittels eines virtuellen Moderators wird eine Beratungssituation im Internet simuliert, die zwei Vorteile mit sich bringt: Das lästige Ausfüllen von Frageformularen entfällt weitgehend, und die Kunden müssen keine Angst haben, sich mit ihren Fragen vor einem realen Berater bloßzustellen.
Auf Technologie setzt auch der Unfallhelfer der Zurich Versicherung, der in der Kategorie Kundenservice/Betreuen und Helfen den ersten Platz erreichte. Die Versicherer haben eine mobile Applikation entwickelt, die bei einem Unfall wichtige Hilfestellungen liefert. Darüber hinaus enthält die App Schaden- und Notrufnummern der Zurich. Kunden können den Versicherer so bereits vom Ort des Geschehens aus über den Unfall informieren. Die Entwicklung hat die Jury überzeugt: „Endlich mal keine Good-Will-App mit schönen Bildchen, sondern echte Hilfe“, urteilt Juror Dieter Bick.
Unterstützung für VermittlerIn derselben Kategorie punkteten auch Angebote von Signal Iduna und Cosmosdirekt. Die beiden Versicherer bieten ihren Kunden Onlineversicherungsordner, über die sie ihre Vertragsdaten einsehen können. Dabei überzeugte Meine Signal Iduna die Jurymitglieder etwas mehr als das Konkurrenzangebot Mein Cosmosdirekt. „Signal Iduna verschafft seinen Kunden einen noch größeren Einblick, vor allem was die Leistungsregulierung und -abrechnung angeht“, sagt Oliver Gaedeke.
In der Kategorie Vermittlerservice konnte der Volkswohl Bund mit seinem ausgeklügelten AS-Konfigurator auftrumpfen. Das Produkt dient dazu, Vermittler auf Beratungsgespräche zum Thema Berufsunfähigkeits- und Erwerbsunfähigkeitsversicherungen vorzubereiten. Mittels des Konfigurators können die Berater genau berechnen, wie hoch die Versorgungslücke ihres Kunden ausfällt und Versicherungsverträge miteinander kombinieren. Den schwierigen und beratungsintensiven Bereich der Berufsunfähigkeitsversicherungen deckt auch das zweitplatzierte Angebot der VPV Lebensversicherung ab. Die VPV hat für Makler ein Gesundheitsprüfungs-Tool entwickelt. Der Vermittler kann mit seiner Hilfe innerhalb weniger Stunden den Versorgungsbedarf des Kunden klären. Angesichts ansonsten üblicher langatmiger Beratungsprozeduren offenbar eine echte Hilfe.
Prämiert wurde auch das Angebot des Bundes-Versorgungs-Werks zur betrieblichen Altersvorsorge. Die Hamburger Gesellschaft hat eine Software entwickelt, mit der kleine und mittlere Firmen Arbeitnehmer über Möglichkeiten zur Altersvorsorge informieren können. Juror Oliver Gaedeke hält solche Lösungen gerade beim Thema Altersvorsorge für dringend geboten: „Die bisherige Durchdringungsquote war sehr gering, weil der Aufwand für die Installation eines solchen Portals vielen Unternehmern zu groß war.“
Quelle: Financial Times Deutschland
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