Umsatz verzweifelt gesucht

Großmakler wollen mehr verdienen. Sie fordern, dass Unternehmen undVersicherer für Service extra zahlen

Anne-Christin Gröger

und Friederike Krieger

Der Finanzvorstand eines Hamburger Unternehmens traute seinen Augen nicht, als er den Brief seines Versicherers las. Das Doppelte sollte er künftig für die Autoflotte seiner Firma zahlen, und zwar nicht erst ab dem neuen Vertragsjahr, sondern ab sofort, während der Laufzeit. „Wir hatten in den vergangenen Jahren hohe Schäden“, gibt er zu. „Aber das ist doch nichts Neues, warum erhöhen sie gerade jetzt die Preise“, schimpft er. Der Manager will das nicht einfach akzeptieren. Er erwägt, den Versicherer zu wechseln. Sein Versicherungsmakler unterstützt ihn und hat schon Alternativen vorgeschlagen.

In Fällen wie diesen spielen Makler eine wichtige Rolle. Sie vermitteln Unternehmen nicht nur Verträge und handeln die Bedingungen aus. Die Experten helfen auch bei der Schadenregulierung – und wenn die nicht zur Zufriedenheit des Kunden erfolgt, helfen sie bei der Suche nach einem neuen Anbieter. Bezahlt werden die Vermittler entweder mit einem festen Honorar, oder sie erhalten eine Vergütung, die von der Höhe der Beiträge abhängt. Prämiensenkungen oder stagnierende Preise sind für Makler deshalb oft schlecht. Dominiert wird das Geschäft von den Giganten Aon, Marsh und Willis. Das sind global agierende Maklerkonzerne, die aus den USA und Großbritannien gesteuert werden. Sie bekommen zunehmend Konkurrenz von regionalen Anbietern wie Ecclesia, Südvers oder Schunck. Für große wie kleine Maklerfirmen läuft das Geschäft seit der Wirtschaftskrise nicht besonders gut. Sie kämpfen deshalb gleich an mehreren Fronten um mehr Geld.

Gerade bei der Schadenregulierung sei der Makler für Industriekunden heute wichtiger denn je, sagt Florian Karle, Geschäftsführer beim Makler Südvers. „Eine unserer wichtigsten Aufgaben besteht darin, den Kunden im Schadenfall zu begleiten, etwa wenn es darum geht, zu beweisen, dass ein Schaden auch versichert ist“, sagt er. Aufgrund der niedrigen Preise für Deckungen weigerten sich die Versicherer immer häufiger zu zahlen. „Wir haben einen klaren Trend des Risikoträgers, Schäden abzulehnen“, sagt Karle. Südvers empfiehlt seinen Kunden, das nicht zu akzeptieren. „Es gibt immer öfter Fälle, bei denen Makler Klienten raten, ihren Versicherer zu verklagen, weil sie überzeugt sind, dass der Schaden versichert ist“, sagt er.

Damit Unternehmen sich bei Problemen im Schadenfall auf den vollen Einsatz des Maklers verlassen können, müsse aber auch die Vergütung passen, sagt Karle. „Kunden, mit denen Pauschalhonorare vereinbart wurden, sind nicht bereit, für außerordentliche Leistungen extra zu bezahlen.“ Unternehmen möchten, dass alle Kosten mit der einmaligen Vergütung im Vorfeld abgegolten sind, schon damit sie Planungssicherheit haben.

Auch Walter Schenk, Mitglied der Geschäftsleitung des österreichischen Maklers Greco, ist mit dem Trend zur Pauschale nicht glücklich. „Große Unternehmen konfrontieren uns meistens mit dem Wunsch nach einem festen Honorar“, sagt er. Oft lasse sich der Makler darauf ein, um Kunden Berechenbarkeit und Sicherheit zu geben. „Aber hier wird nicht immer Rücksicht genommen auf den tatsächlichen Arbeitsaufwand“, sagt er. Erst ein bis zwei Jahre später zeige sich, ob die Pauschale kostendeckend war. Daran sind Vermittler zum Teil auch selbst schuld. „Makler sind nicht unbedingt die großen Meister im Berechnen von Tageshonoraren. Wir haben noch nicht diese ausgefeilten Systeme, wie sie Anwälte haben“, räumt Schenk ein.

Karle von Südvers glaubt, dass Makler umdenken müssen. „Unsere Branche hat nicht gelernt, wie man Dienstleistungen verkauft, weil sie früher im großindustriellen Geschäft in der Prämie berücksichtigt war“, sagt er. Vermittler müssten ihre Leistungen transparent machen und den Mehrwert verkaufen. „Das richtig darzustellen und dann die passende Honorargröße zu finden, wird vielleicht für den Makler die größte Hürde sein.“ Auch Versicherer sieht er in der Pflicht. Makler übernehmen Karles Einschätzung nach immer mehr Leistungen, die früher der Versicherer erbracht hat, wie das Ausstellen der Policen oder die Risikoermittlung beim Unternehmen. Deshalb findet es Karle auch nicht verwerflich, den Versicherer ebenfalls zur Kasse zu bitten. „Man könnte über eine Splitvergütung nachdenken, also dass ein Teil der Leistungen vom Kunden und ein Teil vom Risikoträger bezahlt wird.“

Sonderzahlungen vom Versicherer an den Makler sind in der Sparte verpönt. Makler Marsh war 2004 in die Schlagzeilen geraten, weil er Geschäft gezielt zu Versicherern lenkte, die besonders hohe umsatzabhängige Sonderprovisionen zahlten, sogenannte Contingent Commissions. Aon, Marsh und Willis wurden diese Sonderprovisionen in den USA auf Jahre verboten. Doch sinkende Umsätze lassen die Begehrlichkeiten wieder steigen.

Feuerwerk am AnfangIndustriekunden sind solche Vergütungen ein Dorn im Auge. Sie fürchten Intransparenz und Interessenkonflikte. „Wenn ein Makler von einem Versicherer zusätzliche fünf Prozent bekommt und von einem anderen nicht, ist es schwierig, eine ausgewogene Entscheidung zu treffen und den Versicherer zu empfehlen, der wirklich das beste Angebot für den Kunden hat“, sagt Klaus Greimel, Versicherungschef beim Energieriesen Eon. Seine Kritik: „Manchmal vergessen die Makler, dass sie durchgehend gute Leistung bringen müssen, und nicht nur ein Feuerwerk am Anfang.“ Besucht ein Makler den Kunden zum ersten Mal, komme er mit vier Experten, die eine vielversprechende Präsentation halten. Doch im Alltag lasse die Euphorie schnell nach.

Ähnliche Erfahrungen hat auch Reiner Siebert gemacht, Geschäftsführer von Albatros, dem firmenverbundenen Vermittler der Lufthansa. „Ich habe das Gefühl, dass die Makler durch den immensen Kostendruck immer mehr an Serviceleistungen sparen“, sagt er. Das sei für beide Seiten fatal. „Kunden müssen lange warten, bis Anfragen bearbeitet sind und werden unzufrieden.“ Das könne nicht im Interesse des Maklers sein. Siebert: „Wer lange unzufrieden ist, wird sich nach einem anderen Anbieter umsehen.“

Quelle: Financial Times Deutschland

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