Versicherer bauen auf Stromnetz

Assekuranz sucht Sachanlagen mit wenig Fluktuation // Konsortium kauftRWE-Leitungen

Herbert Fromme , Köln

Für rund 700 Mio. Euro hat sich ein Konsortium unter Führung der Commerzbank-Tochter Commerz Real am Stromnetzbetreiber Amprion beteiligt, der das 11 000 Kilometer lange Netz des RWE-Konzerns betreibt. An dem von Commerz Real aufgelegten Fonds beteiligen sich die Versicherer Munich Re nebst Tochter Ergo, Swiss Life und Talanx sowie die Ärzteversorgungswerke aus Westfalen-Lippe und Brandenburg, wie die Beteiligten am Donnerstag mitteilten.

Für die Versicherer ist die Investition in mehrfacher Hinsicht sinnvoll. Sie leiden unter dem niedrigen Zinsumfeld und den Turbulenzen im Markt für Staatsanleihen, einer ihrer wichtigsten Anlageklassen. Aktien sind wegen der hohen Schwankungen kaum eine Alternative. Gleichzeitig muss die Branche täglich hohe Millionenbeträge frisch anlegen.

Insbesondere die Lebensversicherungen stehen aufgrund der niedrigen Kapitalmarktzinsen unter Druck. Sie haben ihren Kunden langfristige Verzinsungsversprechen von im Schnitt 3,4 Prozent abgegeben, erzielen aber mit Anlageformen wie Anleihen nur sehr magere Renditen. Investitionen in die Infrastruktur versprechen hingegen einen stetigen Einnahmestrom, der nur wenig mit Risiken an den Kapitalmärkten korreliert.

Vor allem aber wird der Wert des nicht börsennotierten Unternehmens kaum schwanken. Das führt dazu, dass die Versicherer deutlich weniger Eigenkapital zur Unterlegung dieser Kapitalanlage brauchen als für Aktien oder Unternehmensanleihen. Denn nach den künftigen Eigenmittelvorschriften Solvency II hängt der Kapitalbedarf bei Anlagen ganz wesentlich von deren Volatilität ab.

Verkäufer RWE behält langfristig 25,1 Prozent an dem größten der vier Stromübertragungsnetzbetreiber in Deutschland. Außerdem hat sich der Konzern mit durchgerechnet weiteren 10,8 Prozent an dem Fonds beteiligt, ebenso Commerz Real mit 13 Prozent. Beide wollen diese Anteile bald an weitere Investoren abgeben.

Für den Netzausbau seien sehr hohe Investitionen nötig, ließ RWE-Chef Jürgen Großmann mitteilen. „Wir verteilen sie auf breitere Schultern.“ Amprion plane in den kommenden zehn Jahren Investitionen von mehr als 3 Mrd. Euro. Der Verkaufspreis basiert auf einer Unternehmensbewertung von 1,3 Mrd. Euro. RWE will seine Nettoverschuldung reduzieren und hat beschlossen, mittelfristig Unternehmensteile im Wert bis zu 8 Mrd. Euro zu verkaufen.

Bereits im Juni hatte auch der französische Versicherungsriese Axa angekündigt, dass er zusammen mit seinem Partner F2i für 772 Mio. Euro das italienische Gasnetz von GDF Suez kauft. Die Allianz hatte ebenfalls vor wenigen Wochen 14,5 Prozent an dem norwegischen Gasleitungsbetreiber Gassled für 1,2 Mrd. Euro gekauft. Gassled betreibt die Pipelines zwischen norwegischen Feldern und Großbritannien sowie Kontinentaleuropa.

Allianz-Vorstand Paul Achleitner hatte schon 2010 angekündigt, dass der Konzern künftig vermehrt in Infrastrukturprojekte investieren werde. Hohe Aktienquoten, die bei dem langfristigen Anlagehorizont des Unternehmens durchaus vorstellbar wären, seien unter heutigen Bilanzierungs- und Aufsichtsregeln nicht möglich. Sie würden zu sehr hohen Schwankungen in den Ergebnissen des Konzerns und seiner Töchter führen.

Quelle: Financial Times Deutschland

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