Anleihentausch bevorzugt // Versicherer verteidigt Italien // FTD-Gesprächmit Finanzvorstand Paul Achleitner
Herbert Fromme , Köln
Die Krise um italienische Staatsanleihen wird sich sofort entspannen, wenn für Griechenland eine Lösung gefunden wird. Davon geht Allianz-Finanzchef Paul Achleitner aus. Für Griechenland empfahl er im Interview mit der Financial Times Deutschland erneut die Einrichtung eines europäischen Staatsanleihenversicherers. „Die Aufregung um Italien ist psychologisch erklärbar, aber von den fundamentalen Daten her nicht gerechtfertigt“, sagte Achleitner. Allerdings müsse man solche psychologischen Momente ernst nehmen.
Die Allianz ist Europas größter Investor mit 450 Mrd. Euro an Versicherungsgeldern, die das Unternehmen anlegt. Als Vermögensverwalter für Dritte kommt der Konzern mit seinen Töchtern Allianz Global Investors und Pimco auf weitere 1140 Mrd. Euro. Die Allianz hält 28 Mrd. Euro in italienischen Anleihen, zur Gruppe gehört der Versicherer RAS. „Wir sind ein internationaler Finanzdienstleister und decken unsere Verpflichtungen durch Anlagen in den Ländern ab, in denen wir arbeiten“, sagte Achleitner. Die Situation in Italien dabei sei völlig anders als in Griechenland. „Seit 15 Jahren machen die Schulden 120 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt aus, das ist stabil.“ In Italien habe es keine plötzliche Negativentwicklung gegeben, der private Sektor sei sehr gut finanziert, stehe gesund da und sei der größte Gläubiger des Staates.
„Ich bin nicht gegen eine Umstrukturierung griechischer Staatsschulden, aber das muss auf freiwilliger Basis erfolgen“, sagte er. Die Situation der Gläubiger sei sehr unterschiedlich. Achleitner wiederholte den Vorschlag, einen europäischen Staatskreditversicherer einzurichten, den er zum ersten Mal bei der Vorstellung der Bilanz am 24. Februar gemacht hatte. Er schlägt vor, Anlegern ein Umtauschangebot von 75 Prozent gegen neue Anleihen zu machen, die über zehn Jahre laufen. Im Gegenzug für diesen Schuldenschnitt könnten die neu ausgegebenen Papiere eigens besichert werden – etwa durch einen Kredit des Rettungsfonds EFSF, „den Griechenland auf einem Treuhandkonto deponieren müsste“, sagte der Ex-Investmentbanker. „Wenn man das Kapital der EFSF so einsetzt, dann steigt die Wirkung um das Zweieinhalbfache“, sagte Achleitner.
Die Situation sei zwar nicht einfacher als vor fünf Monaten, als er den Vorschlag zum ersten Mal machte. „Das ist Neuland, mit vielen politischen Interessen und Investoren, die nicht sofort alle an einem Strang ziehen.“ Europa müsse sich aber bei einem Vergleich mit den USA nicht verstecken. „Bei uns ist das Problem ganz neu. Dort gibt es etablierte Institutionen und konstitutionelle Prozesse, und trotzdem eine Krise.“ Die schlimmste vorstellbare Situation, die auch die Allianz immer wieder durchspiele, könne durch einen unkontrollierten Ausfall Griechenlands oder den Ausfall der USA entstehen. „Wir halten die Aussichten für sehr unwahrscheinlich, dass es zu einer dieser beiden Entwicklungen kommt.“
Achleitner sagte, die Allianz spekuliere trotz ihrer Größe als Anleger nicht gegen den Euro. „Das gilt auch für Pimco“, sagte er. „Die Manager dort haben ihre eigene Meinung und machen auch Absicherungsgeschäfte.“ Sie agierten aber nicht gegen die europäische Währung – die Achleitner optimistisch sieht: „Ich sehe keine Gefahr, dass der Euro-Raum auseinanderbricht“, sagte der Allianz-Finanzchef. Das sei eine „Schreibtischtätervariante“. Ein Scheitern des Euro hätte schwerwiegende Auswirkungen auf die deutsche Industrie. „Die Unternehmen würden weiter erfolgreich sein, aber nicht mehr in Deutschland produzieren.“ Das Ergebnis wäre eine Deindustrialisierung, wie sie andere europäische Länder schon erlebt hätten.
Achleitner gestand ein, dass die deutsche Versicherungswirtschaft in der Griechenland-Frage nicht an einem Strang ziehe. Im Hinblick auf eine Beteiligung an Hilfsprogrammen für Griechenland gibt es erhebliche Widerstände in der Branche. Erst am Freitag hatte Ulrich Rüther, einflussreicher Chef der Provinzial Nordwest in Münster, in seiner Kolumne auf FTD Online vor einer Beteiligung gewarnt. „Jeder muss sich die Frage stellen, ob Europa eine gute Sache ist oder nicht“, sagte Achleitner dazu. „Wir haben als Haus eine sehr klare Linie.“
Quelle: Financial Times Deutschland
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