Kasse übernimmt ohnehin alle wesentlichen Leistungen // Zahnversicherung kannsich lohnen
Schnelle Terminvergabe, kurze Wartezeiten, komfortable Behandlung – für ihre Kinder wünschen sich Eltern die beste Gesundheitsversorgung. Wer gesetzlich krankenversichert ist, schließt deshalb gern private Zusatzpolicen für den Nachwuchs ab. Doch Verbraucherschützer raten zur Vorsicht: Viele Angebote sind nicht sinnvoll, Zusatzleistungen lassen sich besser aus eigener Tasche zahlen.
„Junge Eltern sind leicht anzusprechen“, weiß Kai Vogel, Gesundheitsexperte bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Da die Policen meist nur wenige Euro im Monat kosten, wird mit dem Abschluss nicht lange gezögert. „In der Regel sind die Angebote aber mit Vorsicht zu genießen“, sagt Vogel. Wer unbedingt eine Zusatzpolice möchte, sollte auf jeden Fall mehrere Angebote vergleichen.
Auch das Urteil von Wolfram Hartmann, Präsident des Bundesverbands der Kinder- und Jugendärzte, ist negativ: „Vernünftige Angebote gibt es bisher nicht.“ Alle wesentlichen Leistungen für Kinder würden von den gesetzlichen Kassen übernommen. Für den Nachwuchs gibt es auf Rezept zum Beispiel auch Erkältungsmittel, die Erwachsene längst aus eigener Tasche zahlen müssen.
Besonders gern schließen Eltern eine Zusatzversicherung für die Klinik ab – was unnötig ist. „Im stationären Bereich gibt es keine Unterschiede in der Behandlung gesetzlich und privat versicherter Kinder“, sagt Hartmann. Es nützt nichts, wenn der private Versicherer für ein Einzelzimmer zahlt, das in der Klinik vor Ort für Kinder nicht angeboten wird. Und bevor man die kostenlose Unterbringung eines Elternteils im Krankenhaus absichert, sollte man sich erkundigen, ob die eigene Krankenkasse das nicht ohnehin übernimmt.
Von seiner Kritik nimmt Kinderarzt Hartmann nur den Zahnbereich aus. Eine Zusatzpolice für Zahnbehandlungen und Kieferorthopädie sei eine Erleichterung, weil hier oft Leistungen nachgefragt würden, die über das medizinisch Notwendige hinausgehen und schnell teuer werden.
Bei der Signal Iduna gehören Zahnzusatzversicherungen zu den beliebtesten Produkten bei Eltern. Zwar seien Leistungen, die aus rein kosmetischen Gründen in Anspruch genommen würden, in der Regel auch bei den privaten Policen von der Deckung ausgeschlossen, sagt Krankenversicherungsexperte Achim Boine. „Geleistet wird je nach Tarif aber zum Beispiel für besondere Brackets und Bögen zur schnelleren und komfortableren Behandlung.“
Tatsächlich können Eltern per Zusatzpolice ihrem Nachwuchs komplett den Status eines Privatversicherten verschaffen, auch beim niedergelassenen Kinderarzt. Dazu müssen sie bei der Krankenkasse den sogenannten Kostenerstattungstarif wählen. Dann zahlen sie die Rechnung selbst und holen sich das Geld von der Kasse zurück. Sie bekommen aber nur einen Teil, weil der Mediziner nach der privatärztlichen Gebührenordnung abrechnet. Dafür kommt die Kasse aber nicht voll auf. Deshalb ist die Wahl dieses Tarifs nach Boines Auffassung nur sinnvoll, wenn Eltern eine private Zusatzversicherung abschließen, die diese Lücke schließt. Diese Police ist aber sehr teuer und wird von Signal Iduna und vielen anderen Unternehmen gar nicht angeboten. „Nach unserer Einschätzung ist ein Markt für solche Zusatzversicherungen noch nicht vorhanden“, sagt Boine.
Katrin Berkenkopf
Quelle: Financial Times Deutschland
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