Makler wollen ihren noch kleinen Marktanteil in Deutschland vor allem mit Beratungsleistungen ausbauen
In der Versicherungsbranche rufen die neuen EU-Eigenkapitalregeln Solvency II sehr gemischte Reaktionen hervor. Zu denen, die sich wirklich über das ab 2013 geltende komplexe Regelwerk freuen können, gehören die Rückversicherungsmakler. „Wir erwarten, dass Solvency II die Nachfrage nach unserer Beratung ansteigen lässt“, sagt Axel Flöring, Deutschlandchef von Guy Carpenter. Die Firma gehört zum Großmakler Marsh & McLennan.
„Vor allem kleine und mittlere Erstversicherer werden dabei gerne auf unser Know-how zurückgreifen.“ Der zusätzliche Kapitalbedarf der Erstversicherer könnte den Maklern mehr Geld bringen. Der Einsatz von Rückversicherung schont die Eigenmittel und ist zudem billiger zu haben als die Erhöhung des Eigenkapitals oder die Ausgabe nachrangiger Anleihen, so ihr Kalkül. Dazu kommt: Solvency II verlangt von Versicherungsunternehmen eine größere Streuung der Risiken. Das gilt auch für den Rückversicherungsschutz. Die Gesellschaften brauchen mehr Anbieter und müssen international eher streuen. Das ist ohne Makler deutlich schwerer.
Anders als ihre Kollegen im Erstversicherungsmarkt verdienen die Makler im Rückversicherungsgeschäft weiterhin sehr gut. Zwar ist ihr Marktanteil in Deutschland noch gering, es dominiert der Direktabschluss. Nur etwa 14 Prozent der rund 4 Mrd. Euro Rückversicherungsprämien laufen hierzulande über Makler, während in angelsächsischen Ländern bis zu 80 Prozent der Deckung über sie vermittelt werden. Der Marktanteil der Vermittler werde jedoch weiter wachsen, sagt Jan-Oliver Thofern, Deutschlandchef des Branchenprimus Aon Benfield. „Das liegt daran, dass die Nachfrage nach neutraler Beratung steigt.“ Dazu kommt, dass in der Branche nur wenige Anbieter unterwegs sind. Klarer Marktführer ist Aon Benfield. Nummer zwei und drei sind Guy Carpenter und Willis Re.
Gerade mit Leistungen, die über die Vermittlung von Risikotransfer hinausgehen, wollen die Makler punkten. „Unsere Rolle wird sich immer mehr vom reinen Risikoplatzierer zum Dienstleister rund um den Risikotransfer erweitern“, sagt Thofern.
Und dafür legen sich die Anbieter mächtig ins Zeug. „Die Makler haben eine Menge Zeit und Geld in Expertise investiert“, sagt Beat Strebel, der bei der Swiss Re für die Zusammenarbeit mit den europäischen Rückversicherungsmaklern verantwortlich ist. „Das reicht von der Einrichtung ganzer Expertenteams zu Themen wie Solvency II oder Bilanzanalysen bis hin zur Modellierung von Naturkatastrophenrisiken.“
Hier haben deutsche Versicherer großen Bedarf. Die großen kontinentaleuropäischen Rückversicherungsgesellschaften könnten diese Dienstleistungen aufgrund des Kostendrucks immer häufiger nicht selbst anbieten, sagt Robert Oberholzer aus der Deutschland-Geschäftsführung des französischen Rückversicherers Scor. „Zudem sind die Margen nicht ausreichend, um diese im großen Stil kostenfrei anbieten zu können.“
Besonders wichtig ist Beratung bei Solvency II. „Früher war es den Kunden vor allem wichtig, günstigen Rückversicherungsschutz zu bekommen“, sagt Aon-Mann Thofern. „Heute ist es ebenso wichtig, wie hoch die Kapitalentlastung durch Rückversicherung ist.“ Thofern glaubt, dass die Zeiten, in denen die Erstversicherer nur noch mit zwei oder drei Rückversicherern zusammenarbeiten, bald zu Ende sein werden. „Die meisten Erstversicherer wollen ihr Geschäft heute auf mehreren Schultern verteilen und sich nicht nur über eine Handvoll Anbieter absichern“, sagt er. Hier sehen die Makler ihre Chance. Sie kennen die Branche genau und wissen über hierzulande weniger bekannte Anbieter wie die Bermuda-Rückversicherer Validus, Partner Re oder Catlin Bescheid. Damit können sie den Gesellschaften einen leichteren Zugang zu den internationalen Gesellschaften verschaffen.
Rückversicherer aus Bermuda könnten könnten wachsende Bedeutung erfahren, sagt Thofern. Sie wollten hierzulande Marktanteile gewinnen. „Die Erstversicherer sind bereit, ihnen eine Chance zu geben, wenn es in der nächsten Erneuerungsrunde zu ungerechtfertigten Preiserhöhungen kommen sollte.“
Strebel von der Swiss Re ist anderer Meinung. „Wir sehen nicht, dass die Kunden ihre Anteile bei den großen Rückversicherern reduzieren“, sagt er. „Sie suchen kapitalstarke Partner und da sind sie bei den kontinentalen Anbietern gut aufgehoben.“
Flöring von Guy Carpenter beobachtet eine Veränderung im Einkaufsverhalten der Versicherer. Jahrzehntelang war die proportionale Rückversicherung üblich. Der Versicherer zahlte 20 Prozent, 30 Prozent oder 40 Prozent der Prämien an den Rückversicherer, der sich mit demselben Prozentsatz an den Schäden beteiligte. Nachteil: Der Rückversicherer war darauf angewiesen, dass sein Kunde möglichst wenig verlustbringendes Geschäft zeichnete.
Heute ist die nicht proportionale sogenannte Schadenexzedentenversicherung auf dem Vormarsch. Hier kalkuliert der Erstversicherer, bis zu welcher Höhe er einen Schaden selbst tragen kann. 50 Mio. Euro Belastung aus einem Hagelschlag bringen ihn nicht um. Für das darüber hinausgehende Risiko kauft er sich Rückversicherungsschutz. Dessen Preis hat wenig mit den Originalprämien zu tun, die der Erstversicherer vom Endkunden verlangt, sondern wird vom Rückversicherer individuell kalkuliert. Dieses Geschäftsmodell erlaubt es neuen Anbietern, leichter in den deutschen Markt vorzudringen. „Diese Art des Einkaufs wird künftig weitgehend akzeptiert sein und den Bedarf nach Maklerberatung erhöhen“, wie Flöring sagt.
Anne-Christin Gröger
Quelle: Financial Times Deutschland
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