Deutsche-Bank-Chef verlässt Konzern spätestens Ende Mai // Aktionäreblockieren Wechsel in Aufsichtsrat // Ermittlungen wegen Prozessbetrugs
Angela Maier, München,
Karsten Röbisch, Frankfurt,
und Herbert Fromme, Köln
Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann hat völlig überraschend seinen Verzicht auf den Wechsel in den Aufsichtsrat der Bank angekündigt. „Die extrem herausfordernden Verhältnisse auf den internationalen Finanzmärkten und im politisch-regulatorischen Umfeld“ ließen ihm nicht die Zeit, die nötigen Vorgespräche mit den Aktionären über sein Vorhaben zu führen, teilte das Institut gestern mit.
Damit steht einer der prominentesten Finanzmanager in Deutschland vor dem Abschied. Der 63-jährige Ackermann hatte die größte deutsche Bank seit 2002 geführt. Sein Rückzug stellt die erst in monatelangen Verhandlungen gefundene künftige Machtverteilung an der Deutsche-Bank-Spitze infrage. Eigentlich sollte der Schweizer auf der Hauptversammlung im Mai 2012 zum Chefkontrolleur gewählt werden und Clemens Börsig nachfolgen. Neuer Aufsichtsratsvorsitzender soll nun Allianz-Finanzvorstand Paul Achleitner werden. Die Führung der Bank soll wie geplant eine Doppelspitze aus Jürgen Fitschen und Anshu Jain übernehmen.
Ackermann reagiert offenbar auf fehlende Unterstützung seitens der Anteilseigner: Nach FTD-Informationen hat die einflussreiche Stimmrechtsvertretung Institutional Shareholder Services (ISS) signalisiert, dass sie bei dem Aktionärstreffen die Ablehnung seines Wechsels in den Aufsichtsrat empfehlen wird. An ISS orientieren sich viele Großanleger. Auch der US-Fonds Blackrock, mit 5,14 Prozent wichtigster Einzelaktionär der Deutschen Bank, hat schwere Bedenken angemeldet. Das deutsche Aktiengesetz verbietet direkte Wechsel vom Vorstand in den Aufsichtsrat, es sei denn, ein Kandidat wird von Aktionären vorgeschlagen, die 25 Prozent des Kapitals halten. Kritiker fürchten, dass Ex-Chefs sich aus dem Kontrollgremium ins Tagesgeschäft einmischen.
Einen weiteren Rückschlag muss Ackermann im Prozess zwischen der Deutschen Bank und den Erben des Medienunternehmers Leo Kirch verkraften. Wie gestern bekannt wurde, laufen gegen Ackermann und drei andere Banker Ermittlungen wegen versuchten Prozessbetrugs. Vergangene Woche wurden Büros bei der Deutschen Bank und die Häuser von deren Ex-Chef Rolf Breuer durchsucht.
Bei Ackermanns Entscheidung hätten die strafrechtlichen Ermittlungen keine Rolle gespielt, hieß es in Finanzkreisen. Mit Achleitner sei schon vor Wochen über einen möglichen Wechsel zur Deutschen Bank gesprochen worden. Die Allianz entsprach dem Wunsch des 55-Jährigen, aus dem Vorstand auszuscheiden. Ein Nachfolger ist noch nicht in Sicht.
Ackermann hatte als Deutsche-Bank-Chef den Mannesmann-Prozess durchgestanden, in dem er der Untreue angeklagt war. Ob er angesichts der aktuellen Vorwürfe nun noch bis Mai im Amt bleibt, ist jedoch ungewiss. Die Ankläger verdächtigen Ackermann, Breuer sowie Chefkontrolleur Börsig und Ex-Vorstand Tessen von Heydebreck, in einer Vernehmung vor dem Oberlandesgericht (OLG) München wissentlich falsche Aussagen gemacht zu haben. Im dort verhandelten Schadensersatzprozess ging es um die Interpretation eines Vorstandsprotokolls, wonach die Deutsche Bank möglicherweise für Kirch tätig werden wollte. Kirch warf der Bank vor, ihn 2002 in die Pleite getrieben zu haben.
Die Banker hatten betont, sie hätten nie ein Mandat angestrebt. OLG-Richter Guido Kotschy hält dies für unglaubwürdig und hat darüber offenbar die Staatsanwaltschaft informiert. Die Deutsche Bank konterte mit einem Befangenheitsantrag gegen Kotschy. Damit kann der Prozess erst 2012 fortgesetzt werden.
Schwerpunkt: Seite 2, 3
Quelle: Financial Times Deutschland
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