Hamburger Erck Rickmers plant Zusammenschluss mit Rivalen Komrowski //Verhandlungen über Genossenschaftsmodell
Kathrin Werner, Hamburg, und Patrick Hagen, Köln
Erck Rickmers greift nach dem ersten Rivalen. Wenige Wochen nach seiner öffentlichen Ankündigung, angeschlagene Reedereien unter dem Dach seines Unternehmens E.R. Schiffahrt zu versammeln, steht der Hamburger Reeder und SPD-Politiker nach FTD-Informationen kurz vor dem Zusammenschluss mit Komrowski. Es geht um mehr als 50 Schiffe. Geplant ist keine klassische Übernahme, sondern die Gründung einer Art Genossenschaftsreederei unter der Führung von E.R. Schiffahrt – mit 106 Schiffen eine Branchengröße. Die Gespräche seien weit fortgeschritten, hieß es in Branchenkreisen. „Zentrale Punkte sind aber noch nicht geklärt“, sagte eine mit den Verhandlungen vertraute Person.
Das geplante Geschäft ist eines der ersten einer erwarteten Welle von Zusammenschlüssen unter deutschen Reedern. Banken, die nach Jahren der Krise die Geduld mit ihren hoch verschuldeten Schiffseignern verlieren, setzen kleinere und schwächere Reedereien unter Druck, sich Partner zu suchen. „Wir glauben, dass es eine Konsolidierung unter den Reedern geben wird, dieser Prozess hat bereits begonnen“, sagte kürzlich Helmut Rundshagen, Experte für maritime Themen bei Ernst & Young. „Im nächsten Jahr wird es blutig“, sagte ein Hamburger Reeder. „Wer eine Pleite verhindern will, muss sich mit den Großen zusammentun.“
Rickmers will eine gemeinsame Plattform gründen, die seine und Komrowskis Schiffe bereedert – also etwa gemeinsam die Crews der Frachter organisiert. An der Plattform – der Genossenschaft – sollen sich Dritte beteiligen. Rickmers sei bereit, auf die Stellung als Alleingesellschafter seiner Reederei zu verzichten. Der traditionsreiche Name Komrowski soll erhalten bleiben. Zielgröße der Genossenschaft sind 200 bis 250 Schiffe. E.R. Schiffahrt und Komrowski kommentierten die Pläne nicht.
Rickmers und die anderen beteiligten Unternehmen sind Trampreeder. Sie vermieten ihre Schiffe an Linienreeder wie Hapag-Lloyd, die wiederum den Transport von Waren nach festen Fahrplänen organisieren. Deutsche Trampreeder kontrollieren zusammen zwar die weltgrößte Flotte von Containerschiffen, die Branche ist aber stark zersplittert: Im Schnitt haben die Reeder nur acht Frachter. Als stärkere Partner, denen sich die Kleinreeder anschließen können, kommen aus Bankensicht fast nur Erck Rickmers und die Hamburger Großreederei Peter Döhle in Betracht, hieß es.
Döhle verhandelt gerade mit der Traditionsreederei Ernst Russ über eine Beteiligung. Insider rechnen mit einem Vertragsschluss in den kommenden Wochen. In der Branche werden weitere Namen gehandelt, die nach Partnern suchen. In der Regel werden diese Gespräche auf Druck der Banken geführt, bei denen ein Großteil der Reeder und Schiffsfonds hoch in der Kreide steht. Viele schiffsfinanzierende Banken – etwa die KfW – dringen schon seit Längerem auf Zusammenschlüsse von Reedereien.
Bei den Deals geht es bislang nicht um das Eigentum an den Schiffen. Diese gehören zum größten Teil Schiffsfonds – und damit Hunderttausenden Anlegern. Die Trampreeder managen die Schiffe gegen eine Gebühr im Auftrag der Fonds. Diese Dienstleistung soll die Genossenschaft für Komrowski übernehmen. Die Banken dringen darauf, dass auch die angeschlagenen Schiffsfonds – sie sind als Kommanditgesellschaften eigene Unternehmen – mit den Reedereien verschmolzen werden, also auch das Eigentum an den Schiffen auf die Reeder übergeht. In kürzester Zeit sind bereits gut 20 Schiff-KGs in die Insolvenz gerutscht. Um Pleiten zu vermeiden, hoffen Banken auf die Übernahme der KGs etwa durch die Genossenschaft.
Wie genau Rickmers‘ Genossenschaftsreederei ausgestaltet wird, ist noch unklar. Auch Emissionshäuser, die die Schiffsfonds aufgelegt haben, sind an den Verhandlungen beteiligt. Viele sind unglücklich damit, dass ihre Schiffsfonds die Konkurrenz stärken, denn zu Rickmers‘ Unternehmen gehört mit Nordcapital ebenfalls ein großes Emissionshaus.
Quelle: Financial Times Deutschland
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