Christian Wulff verbrachte die Flitterwochen in der Villa einesTalanx-Managers // Nähe zu Wirtschaftsgrößen wirft Fragen auf
Ulrike Sosalla, Berlin,
und Herbert Fromme, Köln
Die Urlaubsliste, die Bundespräsident Christian Wulff am Sonntagabend veröffentlicht hat, wirft weitere Fragen zu seinem Verhalten als niedersächsischer Ministerpräsident auf. Insgesamt sechs Urlaube haben Wulffs Anwälte zwischen 2003 und 2009 aufgelistet, die der damalige CDU-Politiker mit seiner Familie in den Privaträumen befreundeter Personen verbrachte, ohne dafür den marktüblichen Preis zu zahlen.
Hinzu kommt ein siebter, bereits bekannter Urlaub, den er kurz nach seiner Wahl zum Bundespräsidenten in einem Apartment des Ferienanwesens des Versicherungsunternehmers Carsten Maschmeyer verbrachte. Dafür hatte er nach eigener Auskunft eine ortsübliche Miete gezahlt. Die FTD erklärt, wer die Menschen sind, bei denen Wulff seine Ferien verbrachte – und wie viel Stress ihm diese Reisen noch bereiten könnten.
Wolf-Dieter Baumgartl Von den neu bekannt gewordenen Urlauben könnte der Aufenthalt im Jahr 2008 bei Talanx-Aufsichtsratschef Baumgartl am ehesten einen Verstoß gegen das niedersächsische Ministergesetz begründen, das die Annahme von Vergünstigungen untersagt. Nach Informationen der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ hatte Wulff für den Aufenthalt kurz nach seiner Hochzeit mit Bettina nichts bezahlt. Das könnte problematisch sein, da Baumgartl als Aufsichtsratsvorsitzender eines Konzerns mit Sitz in Hannover eindeutig wirtschaftliche Interessen in Niedersachsen verfolgt.
Der überzeugte Bayer Baumgartl wohnt einen großen Teil des Jahres in seiner Villa in der Toskana, er hat auch ein Haus am Starnberger See. Das tut seiner gefühlten Präsenz bei Talanx in Hannover keinen Abbruch – keine wichtige Managemententscheidung fällt ohne sein Plazet. Für den Versicherungsgiganten ist die Beziehung zu Landespolitikern wichtig: erstens, wenn es um Standortfragen in Hannover geht. Zweitens haben die Landesregierungen über den Bundesrat einen direkten Einfluss auf die Gesetzgebung, die Versicherer betrifft. Da geht es um mehr als die 453 000 Euro Fördermittel für eine betriebliche Kindertagesstätte, die aus Landesmitteln der Talanx-Tochter Hannover Rück gezahlt wurden. Wulff sei nicht bei Talanx versichert, teilt ein Sprecher mit.
Angela Solaro/Volker Meyer Dem Ehepaar aus Norderney gehört ein Feinkostladen auf der Nordseeinsel. Wulff gibt an, dort in den Jahren 2008 und 2009 zu Gast gewesen zu sein. Nach allem, was über die beiden bekannt ist, handelt es sich jedoch um rein lokale Unternehmer ohne größere Geschäftsinteressen in Niedersachsen. In einem Werbevideo über Norderney präsentieren die Eheleute ihren Laden, in dem sie unter anderem Sanddornprodukte verkaufen, und erzählen, wie Volker Meyer einen Sanddorn-Grappa erfand. Die Aufenthalte des damaligen Ministerpräsidenten bei den Paar dürften juristisch daher wenig angreifbar sein.
Egon und Edith Geerkens Insgesamt drei Mal – in den Jahren 2003, 2004 und 2009 – verbrachte Wulff Urlaube in den Feriendomizilen des Ehepaars Geerkens in Spanien und Florida. Egon Geerkens ist ein langjähriger Freunde der Familie Wulff, seine Frau Edith gewährte Wulff Ende 2008 den umstrittenen Kredit für den Kauf eines Einfamilienhauses in Großburgwedel. Nach bisherigen Erkenntnissen brachte die Nähe zu Wulff dem Schmuck- und Immobilienhändler jedoch keine geschäftlichen Vorteile.
Quelle: Financial Times Deutschland
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