Nürnberger wagt Tabubruch und plant Lebensversicherungen ohne Zinsgarantienbis zum Tod
Herbert Fromme , Nürnberg
Der Versicherungskonzern Nürnberger plant neue Angebote in der klassischen Lebensversicherung, bei denen der Garantiezins nicht mehr lebenslang gilt. „Beim Modell der herkömmlichen deutschen Lebensversicherung geben die Gesellschaften Zinsgarantien für 50 Jahre und mehr“, sagte Vorstandschef Werner Rupp der FTD. „Da das unter Eigenmittelanforderungen problematisch ist, muss man sich etwas Anderes ausdenken.“
Damit rührt Rupp an ein Tabu der deutschen Versicherungswirtschaft – und einem Alleinstellungsmerkmal. Für die Mehrzahl der Anbieter ist die Zinsgarantie auf Lebenszeit unantastbar, weil sie allein von Versicherungen und nicht von Banken gegeben wird. Zurzeit erhalten Kunden in der klassischen Lebensversicherung 2,25 Prozent, ab Januar 1,75 Prozent Garantiezins auf den Sparanteil bei neuen Verträgen – über die gesamte Laufzeit.
Die Nürnberger berechne gerade, wie neue Policen aussehen sollen. „Man kann sich vorstellen, dass die Garantien für zehn Jahre gelten oder bis zum Ende der Ansparphase, wenn bei privaten Rentenversicherungen die Auszahlung beginnt“, sagte er. „Es macht keinen Sinn, unbedingt am bisherigen Modell festzuhalten.“ Für neue Formen müsste der rechtliche Rahmen geändert werden.
Mit knapp 4,5 Mrd. Euro Umsatz gehört die Nürnberger zu den mittelgroßen Gesellschaften. Die Finanzkrise werde im Jahresabschluss zu etwa 120 Mio. Euro Abschreibungen und zu einem spürbaren Rückgang der Neubewertungsrücklage führen. „Die Nürnberger bleibt eines der am stärksten reservierten Unternehmen in Deutschland“, sagte Rupp. Das Unternehmen habe mehr als 300 Prozent Solvenzkapital, also mehr als dreimal so viel, wie die neuen Regeln Solvency II verlangen. „Wir wären eher für eine frühere als eine spätere Einführung von Solvency II. Uns kommt das Modell entgegen.“
Der Konzern hat seine defizitären Beteiligungen an Autohandelsketten bis auf eine abgestoßen. „Aber das Versicherungsgeschäft mit Autohändlern bauen wir aus“, sagte Rupp. Zurzeit gebe es Vereinbaru ngen mit 3500 Händlern. Dort verkaufen Nürnberger-Vertreter Autoversicherungen und andere Policen.
Aufgegeben hat die Nürnberger die 2009 begonnene Kooperation mit dem Volkswagen Versicherungsdienst (VVD). Bei VW-Händlern hatte die Nürnberger keine Autopolicen verkauft, das ist die Domäne der Allianz, sondern Gewerbepolicen. „Der VVD hat uns angeboten, auch am Autoversicherungspaket teilzunehmen“, sagte Rupp. „Daran waren wir nicht interessiert.“ Gründe nannte Rupp nicht. In der Branche heißt es, dieses VW-Geschäft sei hochdefizitär.
Quelle: Financial Times Deutschland
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