Konzern bietet für Industrieversicherer Gan Eurocourtage // Mutter Groupamaleidet schwer unter der Krise
Herbert Fromme , Köln
Der weltweit größte Versicherer Allianz bereitet nach FTD-Informationen eine Kaufofferte für den französischen Rivalen Gan Eurocourtage vor. Der große genossenschaftliche Versicherer Groupama muss seine Tochter abgeben, um Krisenlasten zu stemmen. Laut Versicherungskreisen will die Allianz mindestens einen hohen dreistelligen Millionenbetrag bieten.
Gan Eurocourtage ist bei Industrie- und Gewerbebetrieben besonders stark, das Geschäftsfeld gilt zurzeit als hochattraktiv. Das Unternehmen verkauft über Versicherungsmakler und einen eigenen Vertrieb.
Für die Übernahme interessierte sich auch die australische QBE Insurance, sie gehört aber jetzt nicht mehr zu den Bietern. Zwei weitere in Paris genannte möglichen Käufer haben laut Versicherungskreisen eher lauwarmes Interesse: die französische Covéa, wie Gan Eurocourtage stark im Gewerbegeschäft engagiert, und der britische Konzern Aviva. Bleibt als wichtigster Interessent die Allianz.
Der Münchner Konzern hatte sich in jüngster Zeit mit Übernahmen zurückgehalten und dafür als Grund genannt, er müsse erst die Auswirkungen des neuen Aufsichtsregimes Solvency II abwarten. Doch am 23. Februar 2012 kündigte Konzernchef Michael Diekmann einen Kurswechsel an. Die Unsicherheiten aus Solvency II klären sich nach und nach. „Gleichzeitig ergeben sich infolge von Geschäftsmodelländerungen der Banken oder aufgrund krisenbedingter Schwächen von lokalen Wettbewerbern neue Gelegenheiten“, sagte Diekmann. „Wir werden uns diese Gelegenheiten genau ansehen.“
Schon vorher hatte der Allianz-Chef mehrfach erklärt, vor allem für Schaden- und Unfallversicherer und nicht für Lebensgesellschaften bieten zu wollen, die vorher jahrelang im Fokus seiner Zukäufe standen. Die Begründung: Mit der Versicherung von Autos, Gebäuden und Unternehmen erziele man rasch die Gewinne und die Geldflüsse, auf deren Basis die Allianz dann das Langfristwachstum in der Altersvorsorge finanzieren könne.
Diese Kriterien würden auf die geplante Übernahme in Paris zutreffen. Groupama will offenbar nur das Schaden- und Unfallgeschäft von Gan Eurocourtage auf den Markt bringen, das 2010 820 Mio. Euro Prämie aufwies. Die Lebensversicherung bleibt außen vor. Die Allianz ist seit 1997 mit der großen Gesellschaft Assurances Générales de France im Land vertreten, die seit 2009 Allianz France heißt.
In Pariser Branchenkreisen hieß es, Allianz-Vorstände und ihre Gegenüber von Gan Eurocourtage und Groupama hätten sich kürzlich im Pariser Büro von Morgan Stanley getroffen. Dabei habe die Allianz erstmals Unterlagen erhalten, darunter die Bilanz für 2011. Den Datenraum mit allen Unterlagen für die erforderliche Prüfung durch die Allianz habe Groupama aber noch nicht geöffnet.
Der Münchner Konzern schweigt zu den Plänen. Unternehmenskreise bestätigten zwar Interesse, wiesen aber darauf hin, dass es auch eine politisch gewollte „französische Lösung“ geben könne – auch mit einem Bieter, der bislang nicht im Spiel ist. Groupama ist unter Druck, rasch zu verkaufen, weil das Unternehmen hohe Verluste aus der Finanzkrise verkraften muss und die Aufseher auf eine Stärkung des Kapitals dringen. Im Dezember drohte die Ratingagentur Standard & Poor’s mit einer Herabstufung. Daraufhin kündigte die Regierung Hilfen über die staatliche Bank Caisse des Dépôts an. Zum Hilfsprogramm gehört eine Kapitalspritze von 300 Mio. Euro für Gan Eurocourtage.
Quelle: Financial Times Deutschland
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